Publiziert am: 11.08.2017

Frontalangriff auf das Rauchverbot

REGULIERUNG – Ein neues Tabakdampfprodukt aus Japan bringt Schwung in die Diskussionen um das Schweizer Tabakprodukte-
gesetz. Ein dazugehöriges Gutachten könnte ausserdem das Rauchverbot zumindest teilweise aushebeln.

Es könnte ein Produkt sein, das Stoff für viele Diskussionen in der Schweiz mit sich bringt: PLOOM TECH, ein neuartiges Tabakdampfprodukt. Hergestellt wird es von der Japan Tobacco International AG, kurz JTI (siehe Kasten). Nach ersten Erfolgen in Japan, soll das Dampfprodukt nun von der Schweiz aus die Welt erobern. Ausgerechnet hier also, wo der Handel mit nikotinhaltigen E-Zigaretten verboten ist. Der Clou dabei: Der Tabak wird nicht mehr verbrannt, sondern lediglich erwärmt. Das ist legal. «Es passt, dass ein technologisch hochwertiges Produkt seine internationale Karriere hier in der Schweiz startet, einem Land, das für Qualität, Präzision und Innovation steht», sagt John Aurlund, General Manager Schweiz bei JTI. Das Produkt sei auch ein Resultat der Digitalisierung. Doch die «Dampfer» haben noch mehr in petto und greifen mittels Gutachten das Rauchverbot frontal an.

Drinnen darf gedampft werden

Das neue Produkt der JTI wird als innovatives Tabakdampfprodukt beworben und sei aus der Digitalisierung heraus entstanden. Es wird indirekt erwärmt, wobei keine Verbrennung wie bei herkömmlichen Zigaretten stattfindet. Die maximale Temperatur steigt auf 30 Grad, liegt also tiefer als die Körpertemperatur des Menschen. Daher bildet sich auch weder Asche, noch Rauch und damit auch kein Rauchgeruch. Dieser Aspekt der Dampfer ist zwar nicht neu, dafür aber ein Gutachten von Rechtsanwalt Urs Saxer, welches anlässlich der Lancierung des neuen Produktes veröffentlicht wurde. Seit dem 1. Mai 2010 ist das Rauchen in der ganzen Schweiz in Restaurants, Bars und öffentlichen Gebäuden mit wenigen Ausnahmen verboten. Im Gutachten wird festgehalten, dass «der Konsum von E-Zigaretten von Anfang an nicht mit dem Rauchen klassischer Tabakwaren vergleichbar ist und folglich nicht vom bundesrechtlichen Rauchverbot erfasst wird». Im Klartext: Drinnen darf aus rechtlicher Sicht gedampft werden. Die Ausnahme bildet der Kanton Zürich, wo im Regulierungswahn gleich der gesamte Konsum von Tabak verboten wurde – folglich müsste jeder Träger eines Nikotinpflasters in einem öffentlichen Gebäude dafür belangt werden…

Widersprüchliche Gesetzlage

Ebenfalls pikant an der Lancierung: In der Schweiz ist der Handel mit nikotinhaltigen E-Zigaretten verboten. Ganz im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern auf der Welt. Der Grund: Als die E-Zigarette auf den Markt gekommen ist, gab es kein eigenes Gesetz dazu. Ein Produkt ohne Regulierung? In der Schweiz undenkbar. Also hat man die E-Zigarette kurzerhand dem Lebensmittelgesetz unterstellt, denn sie gilt als Genussmittel. In diesem Gesetz ist die Zugabe von Nikotin allerdings verboten. «Dabei ist es eigentlich vergleichbar mit der Zugabe von Koffein, was ja erlaubt ist», erklärt Stefan Meile. Er ist Geschäftsführer der 
InSmoke AG und Präsident der Swiss Vape Trade Association, die sich für die Anliegen der Dampfer einsetzt. Für Meile ist die aktuelle Lage höchst widersprüchlich. «Disruptive Produkte haben immer ihre Verfechter. Denn wer hat schon ein Interesse an einem Produkt, welches die AHV nicht subventioniert, die Volksgesundheit massiv verbessert und den Absatz von tödlichen Zigaretten reduziert.» Harter Tobak an die Adresse der Tabak- und Pharmaindustrie, aber auch an die Behörden, die bei E-Zigaretten «rigoros durchgegriffen» hätten. Stefan Meile erhofft sich vom neuen Entwurf zum Tabakproduktegesetz, welcher voraussichtlich im Dezember 2017 zur Vernehmlassung veröffentlicht wird, eine spezifische Regulierung für E-Zigaretten. Ähnlich tönt es auch bei John Aurlund: «Wir unterstützen den Entscheid des Parlaments vom Dezember 2016, neuartige Produkte anders zu regulieren als herkömmliche Zigaretten und appellieren weiterhin an ein gesundes Augenmass.» Hinsichtlich der neuen Produkte wird den Bürokraten beim Entwurf des neuen Tabakproduktegesetzes jetzt noch genauer auf die Finger geschaut werden.

Ob die Dampfer nun auch gleich die öffentlichen Gebäude zurückerobern oder die Diskussion doch nur Schall und Rauch ist, wird sich jedoch zuerst zeigen müssen.

Adrian Uhlmann

in kürze

Die Japan Tobacco International AG, kurz JTI, hat ihren Hauptsitz in Genf und eine Produktionsstätte im luzernischen Dagmersellen. JTI beschäftigt 1300 Mitarbeiter in der Schweiz, zu den bekanntesten 
Marken weltweit gehören Camel und Winston.

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