
«Freier Markt funktioniert hier nicht»
Gegen das Machtmonopol der SRG – Entweder unterstützen Politiker die SRG, oder sie sind weg vom Fenster! Das weiss ein ehemaliges Mitglied des SRG-Publikumsrates.
NEIN ZUR BILLAG-MEDIENSTEUER – Zunehmende Nervosität innerhalb der SRG. Kritik nun auch aus der CVP. Und: Ex-economiesuisse-Präsident Gerold Bührer sagt NEIN zum RTVG.
Drei Wochen vor der Abstimmung ĂĽber das revidierte Radio- und Fernsehgesetz RTVG nimmt der Widerstand gegen die neue Billag-Mediensteuer immer weiter zu. Und nun ist die Front gegen die neue Steuer um einen weiteren prominenten Namen reicher. Der frĂĽhere economiesuisse-Präsident und FDP-Nationalrat Gerold BĂĽhrer outet sich auf Anfrage der Gewerbezeitung als entschiedener Gegner der neuen Steuer: «Der Auftrag der SRG zugunsten einer breiten InformationsÂverÂsorgung in den vier Landessprachen ist fĂĽr mich unbestritten», sagt BĂĽhrer. «Im Interesse der nationalen Kohäsion mĂĽssen wir uns diesen Dienst leisten wollen. Was aber nicht angeht, ist die EinfĂĽhrung einer neuen Steuer ohne VerfassungsÂgrundÂlage und erst noch ohne eine gesetzlich festgelegte Obergrenze. Damit wird ein zentraler Pfeiler unseres Rechtsstaates gefährlich geritzt. Deshalb NEIN zur neuen Mediensteuer.»
Das einstige Wirtschaftsschwer
gewicht Gerold Bührer kritisiert damit indirekt seine Nachfolger an der Zürcher Hegibachstrasse. Hatte economiesuisse das revidierte RTVG über lange Jahre abgelehnt, gelang es einem SRG-nahen Stosstrupp im vergangenen Februar fast handstreichartig, im letzten Moment doch noch eine JA-Parole zur neuen Steuer zu erwirken.
«Spieler und Schiedsrichter»
Kritik kommt auch von Nationalrat Ruedi Lustenberger. Er kritisiert nicht die RTVG-BefĂĽrworter und noch weniger «seine» Bundesrätin Doris Leuthard; wohl aber das Verhalten der SRG-Oberen, die ĂĽber ihre regionalen Trägervereine gleich massenÂweise Âpolitische Bettelbriefe fĂĽr ein Ja am 14. Juni versendet haben. «Diesen Aufruf des SRG-Vorstandes finde ich mehr als grenzwertig – er zeugt schlicht von einem fehlenden staatspolitischen Sensorium.» Als staatlicher Sender habe sich die SRG im Abstimmungskampf neutral zu verhalten, forderte der Nationalratspräsident 2014: «Hier hat sich die SRG nun aber definitiv zum Spieler und Schiedsrichter in Personalunion erklärt.»
Der politisch höchst unsensible Massenversand zeugt von der zunehmenden Nervosität innerhalb der SRG. Denn nach den Nein-Parolen von FDP, SVP, GLP und EDU regt sich nun auch innerhalb der SP – Stichwort: Anita Fetz – und der CVP von Medienministerin Leuthard Ungehorsam. Mit dem früheren CVP-Nationalrat Pierre Kohler (vgl. Interview Seite 2) spricht sich ein prominenter Romand gegen die neue Steuer aus.
«Herablassende Verweigerung»
Ganz unverblümt sagt es der Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister in der «NZZ am Sonntag»: «Wenn jetzt auch noch die Hilfe von links bröckelt, wird es für die Vorlage wirklich eng. Die CVP allein mit ihrer Nibelungentreue zur eigenen Bundesrätin wird es nicht richten können.» Pfister regt an, «zuerst über Sinn und Zweck des Service public zu debattieren, bevor man den grossen Systemwechsel in der Finanzierung macht». Die Debatte sei «den selbstzufriedenen SRG-Granden entglitten», konstatiert Pfister und kritisiert SRG-Boss Roger de Weck ob dessen hartnäckiger Umschiffung der Service-Public-Debatte hart: «Von einem SRG-Chef, der von den Steuerzahlenden einen höheren Lohn als ein Bundesrat erhält, muss man mehr erwarten als herablassende Diskussionsverweigerung. Der Mann ist sein Geld nicht wert.»
Kleinliche RĂĽckerstattung und...
Apropos Geld: Kurz vor der Abstimmung und sehr kurz nach einem entsprechenden Bundesgerichtsentscheid, wonach die Billag jahrelang unrechtmässig MehrÂwertÂsteuern in Millionenhöhe einkassiert hat, soll nun jenen, die im laufenden Jahr bereits ihre Billag-Steuern bezahlt haben, die MWSt «ab April» zurĂĽckerstattet werden – ein Betrag von einigen wenigen Fränkli. Dieses «Entgegenkommen» des Bundesamts fĂĽr Kommunikation (Bakom) im kleinstmöglichen Rahmen reicht sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler aber keinesfalls: «Wer ĂĽber Jahre unrechtmässig zu viel Geld einkassiert hat, muss dieses auch fĂĽr die ganze Zeitspanne wieder zurĂĽckÂerstatten. Die zu viel kassierten Millionen gehören dem Volk. Der sgv erwartet, dass der Bund eine einfache und unbĂĽrokratische Lösung findet, diese dem Volk zurĂĽckzuerstatten.» Dass es ĂĽber Jahre möglich gewesen sei, ohne rechtliche Grundlage ĂĽber die Billag zu hohe Beträge zu kassieren, zeige zudem, «wie sorglos dort mit dem Geld der GebĂĽhrenzahler umgegangen wird.»
...grosszĂĽgige Bereicherung
Die Kleinlichkeit des Bakom kontrastiert mit der grosszĂĽgigen Nonchalance, mit der Medienministerin Leuthard und SRG-Chef de Weck mit Zahlen umgehen. Ein Faktenblatt des Bakom nämlich belegt, dass die SRG entgegen aller Beteuerungen sehr wohl von einem Ja zum RTVG proftieren wĂĽrde; und zwar mit Mehreinnahmen von ĂĽber 200 Millionen. «Die Medienministerin und der Generaldirektor versuchen, die gestellte Steuerfalle kraft der Autorität ihrer Ă„mter vor dem Volk aufrechtÂzuÂerhalten», kommentiert sgv-Direktor Bigler. «Was der Bundesrat sagt, hat das Volk zu glauben.»
Klar ist: Das neue System ist einzig darauf ausgerichtet, der heute bereits massiv überteuerten SRG zusätzliche Mittel zuzuschanzen. Darauf gibt es am 14. Juni nur eine Antwort. Ein klares NEIN zur Revision des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG. En
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