Publiziert am: 16.09.2022

Haftpflicht bei ausgeliehenen Mitarbeitern

Versicherungsratgeber – KMU, die Mitarbeiter eines Personalverleihers beschäftigen, sollten sich über die Betriebshaftpflicht Gedanken machen.

J. D. aus P.: «Unser Unternehmen beschäftigt sich mit der Planung, Organisation und Ausrichtung von Events. Infolge der pandemiebedingten, rund zweijährigen Pause stehen wir seit dem Neustart vor der Herausforderung, genügend qualifiziertes Personal zu finden. Wir beschäftigen deshalb zurzeit auch Mitarbeiter eines Personalverleihers. Uns wurde in diesem Zusammenhang empfohlen, auch unsere Betriebshaftpflicht-Deckung zu überprüfen. Im Vertrag mit dem Personalverleiher sind unter anderem die Kosten des Personalverleihs, die Sozialleistungen, Zulagen, Spesen und Nebenleistungen geregelt, sodass uns nicht ganz klar ist, was die Betriebshaftpflichtversicherung damit zu tun hat.»

Sehr geehrter Herr D.: Vielen Dank für Ihre interessante Frage. Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen im Zusammenhang mit einer Regress-Thematik empfohlen wurde, auch die Betriebshaftpflichtversicherung zu prüfen. Ich versuche, Ihnen die Gründe für diese Überlegungen kurz zu erläutern.

Wie Sie wissen, sind Arbeitnehmer in der Schweiz obligatorisch gegen Unfall versichert. Verunfallt ein Arbeitnehmer und ist dafür ein Dritter haftpflichtig, so kann der Unfallversicherer für seine Aufwendungen auf den Unfallverursacher zurückgreifen – zum Beispiel für erbrachte Heilungskosten oder Taggelder.

Arbeitgeber profitieren von Regressprivileg

Wenn der Schaden durch eine Person, die in einer engen Beziehung zum Versicherten steht, herbeigeführt wurde, gilt dieses Rückgriffsrecht nur eingeschränkt. Gegen den Ehegatten der versicherten Person, deren Verwandte in auf- und absteigender Linie oder mit ihr in gemeinsamem Haushalt lebende Personen steht es dem Unfallversicherer nur zu, wenn sie den Unfall absichtlich oder grobfahrlässig herbeigeführt haben. Die gleiche Einschränkung gilt für den Rückgriffsanspruch aus einem Berufsunfall gegen den Arbeitgeber der versicherten Person, gegen dessen Familienangehörige und gegen dessen Arbeitnehmer.

Wenn also ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit verunfallt, kann der Unfallversicherer seine Aufwendungen beim Arbeitgeber nicht zurückfordern, sofern der Unfall durch den Arbeitgeber nicht absichtlich oder grobfahrlässig verursacht wurde. Dieser Umstand wird auch «Regressprivileg» des Arbeitgebers genannt.

Rückgriffe sind auf Drittbetriebe möglich

In diesem Zusammenhang ist nun wichtig zu wissen, dass ausgeliehene Mitarbeiter aus rechtlicher Sicht weiterhin beim Personalverleiher angestellt bleiben, auch wenn sie bei einem Drittbetrieb im Einsatz sind. Der Personalverleiher ist somit als Arbeitgeber durch das Regressprivileg vor Regressen geschützt. Der Drittbetrieb, der die Mitarbeiter vom Personalverleiher einsetzt, jedoch nicht, da er nicht als Arbeitgeber gilt. Diese Praxis wurde vom Bundesgericht im Urteil vom 24. Januar 2019 (4A_442/2018) bestätigt.

Würde nun ein Leiharbeiter bei Ihnen einen Berufsunfall erleiden, für welchen sie haftpflichtig sind, so könnte der Unfallversicherer, unabhängig vom Verschuldensgrad, auf Ihr Unternehmen Rückgriff nehmen.

Regress-Ansprüche versichern

Solche Regress-Ansprüche sind üblicherweise in einer konventionellen Betriebshaftpflicht-Versicherung im Rahmen der vereinbarten Versicherungssummen gedeckt. Betriebe, die gelegentlich Angestellte von Personalverleihern einsetzen, sollten daher prüfen, ob ihr Betrieb als Einsatzbetrieb für Regressansprüche von Versicherungen entliehener Angestellter versichert sind.

Ihre Fragen an

Mobiliar-Expertin Carmen Casullerasblickt auf rund 30 Jahre Erfahrung in der Versicherungsbranche zurück und ist auf den KMU-Bereich spezialisiert.

Fragen sind zu richten an:

carmen.casulleras@mobiliar.ch

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