Publiziert am: 08.02.2019

«Ich experimentiere und tüftle gerne»

BRENNEREI SCHWAB – Der Familienbetrieb zeichnet sich durch Innovationsgeist und ein geschicktes Händchen für gebranntes Wasser aus. Das KMU behauptet sich nach über 100 Jahren immer noch auf dem Markt und wird für seine Qualitätsbrände immer wieder ausgezeichnet. Mit Manuela Schwab ist bereits die vierte Generation im Betrieb.

Manuela Schwab ist voller Tatendrang. Zusammen mit ihren Eltern Alfred und Elisabeth Schwab führt sie die Brennerei im bernischen Oberwil bei Büren. Hier ist sie zu Hause und voll im Element. Die 30-Jährige weiss viel über Edelbrände und deren Verarbeitung. «Ich bin im Familienbetrieb aufgewachsen und habe mir über die Jahre ein grosses Know-how angeeignet. Jetzt bin ich hier angestellt und beabsichtige, den Betrieb in fünf Jahren zu übernehmen», erklärt Manuela Schwab. Sie agiert nicht als einziges weibliches Mitglied in der mehrheitlich männerdominierten Branche. Eine junge Frau an der Spitze einer Brennerei ist dennoch nichts Alltägliches: «Ich fühle mich gut aufgenommen, obwohl ich eines der jüngsten Mitglieder bin. Künftig möchte ich mich noch mehr in der Branche engagieren», so Manuela Schwab.

«Wir setzen auf Qualität vor Quantität.»

Die Brennerei Schwab wurde vor genau 100 Jahren von Albert Schwab gegründet. 1982 übernahm ihr Vater mit 23 Jahren das Unternehmen. Er hat die Brennerei stetig erneuert, ausgebaut und zu einem rentablen Gewerbe gemacht. «Die grösste Erneuerung war die Beheizung mit Holzschnitzeln und die komplette Sanierung im Jahr 2006», sagt die junge Frau. Die Firmenphilosophie – nur gemäss den vorhandenen Möglichkeiten zu wachsen – wurde in all den Jahren von Generation zu Generation befolgt. Dazu Manuela Schwab: «Wir setzen auf Qualität vor Quantität.» Der Traditionsbetrieb stützt sich auf die beiden Standbeine Lohnbrennerei (70 Prozent) und Gewerbebrennerei (30 Prozent). «Für uns sind zwei Standbeine ausschlaggebend, um wettbewerbsfähig zu bleiben. So sind wir in der Lage, ein mengenmässig schlechtes Obstjahr mit der Gewerbebrennerei zu kompensieren», sagt Manuela Schwab.

Ein Ausnahmejahrmit vielen FrĂĽchten

Die Lohnbrennerei ist ein reiner Dienstleistungsbetrieb. Die Kunden bringen ihre vergorenen Früchte zum Brennen und Veredeln. Pro Kunde werden rund 50 Kilogramm Früchte verarbeitet und pro Jahr insgesamt durchschnittlich 4800 Liter Edelbrände an 42 Volumenprozent produziert. Jede Maische wird separat gebrannt – jeder Kunde erhält sein eigenes Produkt. «Das ist unser Qualitätssiegel. Unsere Kunden schätzen das sehr. So können wir uns gut von den Mitbewerbern abheben», sagt Manuela Schwab. Rund ein Jahr dauert es, bis die Brände trinkfertig sind. Während der Saison von August bis Mai herrscht in den vier Brennhäfen Hochbetrieb. Dieser Jahrgang 2018 unterscheidet sich mengenmässig von anderen Brennjahren: «2017 sind die Blütenknospen erfroren, dafür hatten wir letztes Jahr einen ausgesprochen guten Frühling, was dazu führte, dass wir mit Früchten geradezu überschwemmt wurden.» Deshalb dauert die Brennsaison dieses Jahr etwas länger, voraussichtlich bis Ende Juli. So steigerte sich in der Lohnbrennerei zum Beispiel die Quittenernte von vier Tonnen auf 15 Tonnen! In der Gewerbebrennerei werden die eigenen Kreationen wie Whiskey, Härdöpfler, Calvados, Rum etc. produziert und verkauft. «In der Gewerbebrennerei verarbeiten wir während einem Jahr 21 Tonnen Früchte, 25 Tonnen Kartoffeln.»

«Bei uns wird jede Maische separat gebrannt und jeder Kunde erhält sein eigenes Produkt.»

Eine grosse Rolle spielt für das KMU die Herkunft der Früchte und Rohstoffe. Die Früchte stammen von regionalen Bauernbetrieben, die Williamsbirnen vom Bielersee. «Es ist für uns zentral, dass wir mit regionalen Produkten die Qualität unserer Destillate steuern können. Wir verfügen daher auch über eigene Hochstammbäume. Zudem sind wir Mitglied in der Interessensgemeinschaft Mittelland Malz, die sich dafür engagiert, dass Gerste in der Schweiz angebaut und zu Malz verarbeitet werden kann», sagt die junge KMU Frau. Besonders im Trend seien momentan Bourbon, Rum und eben Whisky sowie süsse, likörartige Obstbrände. Um vorne dabei zu sein, müsse man stets innovativ bleiben. Dies bedinge, den Markt gut zu kennen, den Trend zu spüren und in kleinen Mengen gute Qualität zu erzielen. «Wir probieren immer wieder neue Ideen aus wie beispielsweise aus Zuckerrübenmelasse eine Art Rum herzustellen», so Manuela Schwab. «Wir sind ein kleines Team mit kurzen Entscheidungswegen. So haben wir mehr Möglichkeiten, zu experimentieren und zu tüfteln.» Die junge Frau lässt sich auf ihren Reisen inspirieren. Ebenso sorgt der Austausch mit Kunden und Teil­nehmern der Führungen durch die Brennerei und das Whiskylager für neue Inputs. Unabdingbar sei, dass man sich auch stets weiterbilde, ­Seminare von Agroscope besuche und sich so auf dem Laufenden ­halte. «Dazu gehört auch, dass wir uns technisch und technologisch weiterentwickeln.» Mit einer neuen, smartphone­konformen Website ist die Familie Schwab längst auf den Zug der Digitalisierung aufgesprungen. In Planung ist zudem ein Onlineshop.

Noch engere Zusammenarbeit

Zu den grossen Hürden gehören schwankende Ernteerträge, gesetzliche Rahmenbedingungen und unnötige Bürokratie. Dazu Manuela Schwab: «Eine grosse Konkurrenz ist das Ausland mit seinen tiefen Preisen – jedoch können wir mit unseren qualitativ hochwertigen Edelbrände punkten.» Daher sei ein Austausch mit den Verbänden, aber auch mit den Kunden enorm wichtig. «Künftig wollen wir noch näher mit unseren Kunden zusammenarbeiten, Seminare anbieten und unser ­Handwerk auf eine attraktive und innovative Art präsentieren», sagt Manuela Schwab.

Corinne Remund

www.brennereischwab.ch

GEWERBE-Tv FOKUS KMU

Was einen guten Schweizer Whisky ausmacht, erklärt die junge Unternehmerin in der neuen Rubrik «Frage der Woche» in FOKUS KMU, der Sendung für Wirtschaft & Gesellschaft des schweizerischen Gewerbeverbandes sgv. Ausgestrahlt wird der kurze Beitrag ab Montag, 25. Februar 2019, täglich um 17.35 Uhr auf TeleBärn, Tele M1 und Tele Züri sowie ab Montag, 4. März 2019, täglich um 17.25 Uhr auf Tele Z.

www.fokus-kmu.tv

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