
Argumente statt Ideologie
AHV-REVISION – Den Linken fehlt es an echten Argumenten gegen die dringend notwendige AHV-Revision. Sie übertrumpfen sich daher mit immer dreisteren Falschaussagen. Die Wirtschaft kontert – geschlossen.
AHV-REVISION – Die AHV muss dringend saniert werden. Im Interview erklären die Nationalrätinnen Diana Gutjahr (SVP) und Daniela Schneeberger (FDP), weshalb es am 25. September ein doppeltes Ja braucht – und räumen mit den vielen irreführenden Argumenten der Gegner auf.
Diana Gutjahr: Aufgrund der demografischen Veränderung gerät unsere 1. Säule, die AHV, in eine Schieflage. Die Babyboomer-Generation – also die Jahrgänge 1946 bis 1964 – geht in Pension. Somit haben wir bald deutlich mehr Ausgaben als Einnahmen. Es ist offensichtlich, dass es nun dringend notwendig ist, griffige strukturelle, aber auch finanzielle Massnahmen zu treffen. Durch die schrittweise Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre sowie die Erhöhung der MWST können wir die Renten auch für die zukünftigen Generationen sichern und die 1. Säule stabilisieren.
Daniela Schneeberger: Am 25. September braucht es unbedingt ein doppeltes Ja. Denn die AHV-Reform besteht aus zwei Vorlagen: Aus der Änderung des AHV-Gesetzes (unter anderem Harmonisierung und Flexibilisierung des Rentenalters) und der Erhöhung der Mehrwertsteuer, welche als Verfassungsänderung sogar eines Ständemehrs bedarf.
Da wir die beiden Vorlagen im Parlament gekoppelt haben, tritt die Reform nur dann in Kraft, wenn beide Vorlagen angenommen werden. Scheitert auch nur eine Vorlage, so gilt die gesamte Reform als gescheitert.
Daniela Schneeberger: Diese Behauptung stimmt nicht. Mit der AHV 21 wird keine einzige Frau weniger Rente erhalten. Im Gegenteil: Weil die Erhöhung des Rentenalters gerade für Frauen kurz vor ihrer Pensionierung einen grossen Eingriff in die eigene Lebensplanung darstellt, wird eine Übergangsgeneration von neun Jahrgängen von Ausgleichsmassnahmen profitieren.
Gerade tiefe Einkommen werden mit der AHV 21 mehr Rente erhalten als ohne. Hier von «Rentenklau» und «Sozialabbau» zu sprechen, ist schlicht nicht wahr.
Diana Gutjahr: Weshalb linke Kreise ständig die Frau als Opfer darstellen und aus jeder Vorlage eine Gender-Debatte machen, ist für mich nicht nachvollziehbar und dient insbesondere der Sache nicht. Fakt ist, dass 55 Prozent der Renten an Frauen gehen, während im Gegenzug 66 Prozent der pflichtigen Beiträge durch Männer einbezahlt werden. Zudem beziehen Frauen im Schnitt fünf Jahre länger AHV und damit gemäss dem Bundesamt für Sozialversicherungen eine höhere Rente als Männer. Aber im Grundsatz darf es doch nicht darum gehen, wer wie viel bezieht oder wer wie viel profitiert, sondern dass wir eine sichere Rente für alle garantieren können, auch in Zukunft.
Diana Gutjahr: Bei der AHV spricht man vom sogenannten Generationenvertrag und meint damit, dass Junge und Erwerbstätige die Leistungen der Rentnerinnen und Rentner im Prinzip des Umlageverfahrens finanzieren. Wir müssen aufpassen, dass kein Generationenkonflikt entsteht, und dass die Balance zwischen dem Geben und Nehmen nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Würden nämlich die jüngeren Generationen nur so viel einzahlen wie damals die Älteren, würde das Geld für ein Altern in Würde nicht reichen. Und wenn die älteren Generationen auf dieselben Leistungen pochen würden, wie die früheren Generationen erhalten haben, dann würden die heutigen Erwerbstätigen die zunehmenden Kosten allein tragen müssen. Ein Ja ist deshalb ein klares Bekenntnis zur Generationensolidarität.
«Insgesamt neun Frauenjahrgänge der Übergangsgeneration werden lebenslange Rentenzuschläge erhalten.» Daniela Schneeberger
Daniela Schneeberger: Mit der Einführung des Referenzalters kommen wir dem gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Flexibilität in der eigenen Pensionierung nach. Ob jemand seinen Rentenbezug mit 63 Jahren starten möchte, um mehr Zeit mit den Enkeln zu verbringen, oder den Rentenbezug auf 68 hinausschieben will, um die Pension gleichzeitig mit dem jüngeren Ehepartner oder der Ehepartnerin zu starten, sollte schon längst der Person selbst überlassen sein.
Gleichzeitig aktivieren wir zusätzliches Arbeitskräftepotenzial. In Anbetracht des Fachkräftemangels ist dies absolut zentral. Gerade ältere Arbeitnehmende können einen wichtigen Beitrag zur Linderung des Fachkräftemangels leisten.
Daniela Schneeberger: Insgesamt neun Frauenjahrgänge der Übergangsgeneration werden lebenslange Rentenzuschläge erhalten. Der Grundzuschlag wird 160 Franken für tiefe (bis 57 360 Franken), 100 Franken für mittlere (bis 71 700 Franken) und 50 Franken für höhere Jahreseinkommen (über 71 701 Franken) betragen, und abgestuft nach Jahrgang ausbezahlt werden. Eine Frau, welche das volle zusätzliche Erwerbsjahr leisten muss, wird mehr erhalten als eine Frau, welche bereits mit 64 Jahren und drei Monaten in Pension gehen konnte.
Wichtig ist: Der Rentenzuschlag erfolgt ausserhalb des Rentensystems und unterliegt deshalb weder der Plafonierung der Altersrenten von Ehepaaren noch der Berechnung für Ergänzungsleistungen.
Diana Gutjahr: Natürlich löst bei mir eine Steuererhöhung keine Freudensprünge aus. Aber ich bin bereit, zugunsten des breit abgestützten Kompromisses und unseres Sozialwerkes in diesen sauren Apfel zu beissen. Ideologische Spielerein oder Rosinenpickereien sind fehl am Platz. Zudem ist die MWST wohl die gerechteste Steuer von allen. Sie trifft Junge, Alte, Frauen, Männer, Erwerbstätige, Rentner gleichermassen. Wichtig ist aber auch zu wissen, dass eigentlich nur drei Möglichkeiten gibt, die AHV zu sanieren. Entweder es werden die Lohnsozialversicherungsbeiträge erhöht, Renten gekürzt oder die MWST erhöht. Nachdem bei der STAF die Lohnprozente auch für die Stabilisierung der AHV erhöht wurden, ist nun die MWST an der Reihe. Denn eine Rentenkürzung ist indiskutabel. Da sind wir uns sicher alle einig.
Was hingegen die Erhöhung des Rentenalters betrifft, ist dies für mich ein logischer Schritt. Es gibt keinen Grund, weshalb es hier Unterschiede geben soll. Schon bei der Einführung 1948 folgte man diesem Grundsatz. Beide durften bis 65 arbeiten. Erst Jahre später sank das Rentenalter auf 63 beziehungsweise 62, bis 1997 das Rentenalter mit der «Frauenrevision» auf 64 Jahre wieder angehoben wurde. Gleichberechtigung bedeutet gleiche Rechte, aber auch gleiche Pflichten!
«55 Prozent der Renten gehen an Frauen, während 66 Prozent der Beiträge durch Männer einbezahlt werden.» Diana Gutjahr
Diana Gutjahr: So ehrlich müssen wir sein: Auch mit einem Ja gewinnen wir nur ein paar Jahre, was so viel bedeutet, dass die nächste Reform bereits nach der Abstimmung angegangen werden muss. Schon 1948 war man sich bewusst, dass die AHV regelmässig reformiert werden muss. Deshalb: Eine erneute 25-jährige Reformblockade können und dürfen wir uns angesichts der Situation nicht leisten. Bei einem Nein würden die neuen finanziellen, aber auch strukturellen Massnahmen sicherlich einschneidender sein als bei der aktuellen Vorlage. Geben wir uns einen Ruck und sagen am 25. September 2x Ja zur AHV-Vorlage, aber auch zur Erhöhung der MWST.
Daniela Schneeberger: Sollte die Reform scheitern, drohen der AHV bereits ab 2025 rote Zahlen. Um die Finanzierung der nächsten Jahre zu sichern, müssten wir Massnahmen mit unmittelbarer Wirkung ergreifen. Da die Erhöhung des Rentenalters als mögliche Massnahme nur eine langfristige Wirkung zeigt, sähen wir uns gezwungen, die AHV mit systemfremden Zusatzeinnahmen zu finanzieren. Das heisst: Die Erhöhung von AHV-Beiträgen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, von Bundesbeiträgen, Steuererhöhungen oder die Einführung sonstiger Abgaben. Deshalb tun wir gut daran, am 25. September ein doppeltes Ja in die Urne zu legen.
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