Publiziert am: 23.01.2015

Konsequent weitergehen

BERUFSBILDUNGSREFORM – Ständerat Ivo Bischofberger zum Bildungsartikel, zur Verbunds­partnerschaft und zur Gleichwertigkeit in der Berufsbildung.

«Wege entstehen, indem wir sie gelten», sagt eine tiefsinnige Volksweisheit. Mit Blick auf den Bundeshaushalt ist in jüngster Zeit kein anderer Budgetposten so stark angewachsen wie jener für Bildung, Forschung und Innovation (BFI): In der Periode 2004–2007 beliefen sich die bundesseitigen Ausgaben dafür auf gegen 17 Milliarden, zwischen 2008 und 2011 auf über 21 Milliarden und in der laufenden Förderperiode 2013–2016 sind rund 26 Milliarden budgetiert. Dies notabene, ohne dass im Rahmen der Neustrukturierung des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) nach der Fusion von Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBF) und dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) in der Bundesverwaltung die Anzahl der Stellen im BFI-Bereich massiv gestiegen wäre.

Berufsbildung – eine gemeinsame Aufgabe

Was aber eine Neuorientierung mit sich brachte, ja im eigentlichen Sinne forderte, ist der von einer grossen Mehrheit der Schweizer Bevölkerung unterstützte Bildungsartikel. So spricht die Bundesverfassung in Art. 61a eine klare Sprache, indem sie die gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung der allgemein bildenden und berufsbezogenen Wege betont. Überdies definiert Art. 1 des einschlägigen Gesetzes genau diese Berufsbildung explizit als Prinzip der Verbundpartnerschaft, worin die sich daraus konsequenterweise ergebenden Aufgaben von den drei gleichwertigen Partnern – Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt – erledigt werden müssen. Dabei definieren Bund und Kantone die Rahmenbedingungen. Ihnen obliegen die strategische Steuerung und Entwicklung des Gesamtsystems bzw. die Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen und die Aufsicht. Die Berufsverbände definieren die Lerninhalte sowie die Abschlussqualifikationen und beteiligen sich gemeinsam mit den Sozialpartnern, anderen zuständigen Organisationen und Anbietern der Berufsbildung an der Weiterentwicklung des Systems. Dieses duale Berufsbildungssystem gehört zum Erfolgsrezept unseres Landes schlechthin. Darum ist eine leider immer wieder hochstilisierte Konkurrenzierung der Bildungswege völlig fehl am Platz. Im Gegenteil. Der ideale Mix unterschiedlicher Qualifikationen auf allen Stufen ist die grosse Stärke unserer Volkswirtschaft.

Eines muss uns allen klar sein: Im Laufe einer klassischen Berufslehre oder einer akademischen Ausbildung wird erkennbar, ob der Beruf und der Mensch, der diesen erlernt, nicht zwei verschiedene Dinge sind, denn Berufsbildung – auf welcher Stufe auch immer – ist in Tat und Wahrheit vor allem auch Menschenbildung. Es gilt, den lernwilligen (jungen) Menschen in seiner Ganzheit und mit all seinen spezifischen Fähigkeiten zu erkennen, zu fördern, aber auch zu fordern, mitdenken zu lassen und ihm Mitverantwortung zu übertragen. Nur so wird aus dem «Arbeiter» ein «Meister». Hierfür die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, ist aber ebenso verfassungsmässiger Auftrag, ist ebenso gesetzliche Pflicht und Schuldigkeit der politisch Verantwortlichen.

«Eine immer wieder hochstilisierte Konkurrenzierung der Bildungswege ist fehl am Platz.»

In diesem Sinne darf es auf dem Weg der gesellschaftlich gleichwertigen Anerkennung und entsprechenden grösstmöglichen materiellen Gleichbehandlung der allgemeinbildenden und berufsbezogenen Ausbildungswege jetzt kein Stehenbleiben geben. Gefordert ist das zuständige Departement, vor allem jenes neu organisierte Amt, welches in den vergangenen Jahren die Berufsbildungsreform zielstrebig verfolgte und der Berufslehre ganz allgemein zur heutigen bildungspolitischen Anerkennung verholfen hat. Dies gilt vor allem auch in der kommenden Zeit ... auch ohne speziellen Fokus auf ein spezielles «Jahr der Berufsbildung».

lvo Bischofberger,

Ständerat (CVP/AI)

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