Publiziert am: 02.09.2016

Licht und Schatten zugleich

ALTERSVORSORGE – Die SGK des Nationalrats fällte jüngst einige mutige Entscheide zur Reform der Altersvorsorge. Sie beschloss aber auch Törichtes, was das Risiko eines Absturzes erhöht.

Unsere Altersvorsorge steht vor gewaltigen Herausforderungen. Infolge stetig steigender Lebenserwartung und Babyboom-Effekt gibt es immer mehr Pensionäre, die während einer immer längeren Zeitspanne eine Rente beanspruchen. Kommt hinzu, dass das Kapital als dritter Beitragszahler kaum mehr Erträge abwirft. Bleiben Korrekturen aus, droht der AHV bis im Jahre 2030 ein jährliches Defizit von über acht Milliarden Franken. Auch die Vorsorgeeinrichtungen kommen immer mehr in Schieflage. Schmerzhafte Sanierungsmassnahmen lassen wohl nicht mehr allzu lange auf sich warten.

Bundesrat Alain Berset möchte die Altersvorsorge fast ausschliesslich über Mehreinnahmen sanieren. Hierzu müssten die Steuern und Beiträge um jährlich über zehn Milliarden Franken angehoben werden. Die vom Ständerat erwarteten Korrekturen blieben leider mehrheitlich aus. Mehr noch: Eine Mitte-Links-Mehrheit beschloss generelle Rentenerhöhungen, was zusätzliche Lohnprozente zur Folge hätte.

Wichtige Schuldenbremse

Nach dem Versagen des Ständerats hat nun zum Glück die sozial­politische Kommission des Nationalrats etwas Gegensteuer gegeben. Sie will den finanziellen Mehrbedarf für die AHV auf zusätzliche 0,6 Mehrwertsteuerprozente beschränken. Das ist immer noch schmerzhaft, sollte im Gegensatz zu den vom Bundesrat einst in Aussicht gestellten zusätzlichen zwei Mehrwertsteuerprozenten aber verkraftbar sein. Und vor allem will die Kommission der AHV eine Schuldenbremse verpassen. Diese Stabilisierungsregel würde wie folgt aussehen: Sinken die Reserven der AHV unter eine Jahresausgabe, haben Bundesrat und Parlament eine nächste Reform zu verabschieden. Gelingt das nicht und nehmen die Reserven um weitere 20 Prozent ab, käme ein Automatismus zum Tragen, der die Mehrwertsteuersätze um weitere 0,4 Prozent erhöhen und das Rentenalter schrittweise auf maximal 67 Jahre anheben würde. Eine solche Regelung ist wichtig, da wir es uns schlicht nicht leisten können, dass die Reserven der AHV zu stark sinken. Von einer generellen Rentenaltererhöhung sind wir damit immer noch weit entfernt. Denn die zweite Phase der Stabilisierungsregel greift erst, wenn die Politik komplett versagt.

Leider hat die Kommission auch etliche Beschlüsse zu Ungunsten der KMU gefällt. So sollen etwa die Beitragssätze der Selbständigerwerbenden erhöht werden. Völlig unverständlich ist auch, dass die Kommission angesichts der enormen Finanzierungsprobleme rund eine Milliarde Franken einsetzen will, um die Leistungen zugunsten der Frauen und der Teilzeitbeschäftigten zu verbessern.

Grosse Absturzgefahr

Trotz einiger erheblicher Mängel liegt zur Zeit ein Reformpaket vor, hinter das sich auch der Schweizerische Gewerbeverband sgv stellen könnte. Leider ist aber zu befürchten, dass die Vorlage der Kommission bereits im Nationalrat auflaufen wird und dass insbesondere die Stabilisierungsregel gestrichen wird. Wir hätten dann wieder eine Vorlage, die primär auf die Karte Mehreinnahmen setzt. Eine solche müsste vom sgv in der obligatorischen Volksabstimmung aktiv bekämpft werden.

Keine erfreuliche Perspektive

Was bliebe, wäre ein erneuter Scherbenhaufen. Das ist auch für den sgv keine erfreuliche Perspektive. Jede gescheiterte Vorlage bietet aber die Chance, es in einem nächsten Anlauf besser zu machen. Vieles deutet zur Zeit darauf hin, dass man den sgv zwingen wird, diesen Weg einzuschlagen.

Kurt Gfeller, Vizedirektor sgv

AHVplus stösst AUF BREITE ABLEHNUNG

FĂĽr ein klares NEIN zur linken Initiative

Die Initiative AHVplus des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds fordert 10 Prozent mehr AHV – im Giesskannenprinzip und für alle. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ebenso ab wie sämtliche bürgerlichen Parteien und auch die Grünliberalen. Die Initiative vergrössert das Finanzloch in der AHV bis 2030 auf jährlich 13 Milliarden, stellen die Gegner fest. «Statt Reformen anzupacken, wollen SP und die Gewerkschaften die AHV erhöhen. Das ist absurd und gefährlich», sagt FDP-Präsident Ignazio Cassis, Präsident der nationalrätlichen Sozialkommission.

Auch Unternehmer lehnen «AHV-plus» vehement ab. Den KMU dürfe nicht noch weiter Kapital entzogen werden, ansonsten seien Arbeitsplätze bedroht, fürchten sie.

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