Der sgv spricht sich vehement gegen die Erhöhung der Lohnprozente aus
Lösung beim Eigenmietwert auf gutem Weg
Tribüne
Der Eigenmietwert, ein schweizerisches Unikat, ist eine der letzten grossen Ungerechtigkeiten im schweizerischen Steuerrecht. Wer sein Immobilieneigentum selbst bewohnt, ist verpflichtet, ein aufgrund verschiedener Faktoren berechnetes fiktives Einkommen zu versteuern. Heutige Begründung dieser Steuerpflicht, die vor über hundert Jahren als einmalige eidgenössische Kriegssteuer eingeführt wurde, ist eine angebliche steuerliche Gleichbehandlung zwischen Mietern und Eigentümern. Doch nun sieht es so aus, als könnte diese Ungerechtigkeit bald Geschichte sein.
Seit langer Zeit ist die Besteuerung des Eigenmietwerts vielen Wohneigentümern ein Dorn im Auge. In den vergangenen Jahrzehnten gab es diverse Bestrebungen, die unbefriedigende Situation zu lösen. Gerade in den letzten Jahren nahm die Diskussion um den Eigenmietwert an Fahrt auf: Grund waren unter anderem die stetig sinkenden Zinsen, die in vielen Fällen zu einem massiv höheren Liegenschaftsertrag und damit zu einer namhaften Erhöhung der Steuerlast führten. Hinzu kam, dass die Mietzinsen in bestehenden Mietverhältnissen tendenziell gefallen sind, während die Eigenmietwerte von bestehenden Eigentümern kontinuierlich angehoben wurden.
Wohneigentümer werden nicht nur durch den Eigenmietwert belastet, sondern tragen auch noch diverse weitere Gebühren und Abgaben im Zusammenhang mit ihrem Eigentum und bilden eine bedeutende Einnahmequelle für Bund, Kantone und Gemeinden. So liess der Bundesrat als Antwort auf eine aktuelle Interpellation verlauten, dass ein genereller Systemwechsel beim heutigen Zinsniveau von ca. zwei Prozent eine Mindereinnahme von rund 400 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer bedeuten würde. Aussagen der eidgenössischen Steuerverwaltung zu kantonalen und kommunalen Mindereinnahmen sind aufgrund von fehlendem Datenmaterial nicht möglich, dürften aber ebenfalls in einem beachtlichen Bereich liegen.
Besonders ältere Generationen sind die Leidtragenden
Insbesondere bei älteren Wohneigentümern führt der Eigenmietwert in vielen Fällen zu einer massiven Mehrbelastung. Nicht nur, dass das Einkommen mit Eintritt in das Rentenalter oftmals eine grössere Einbusse hinnehmen muss; hinzu kommt, dass gerade Wohneigentümer der älteren Generationen ihre Hypotheken oftmals amortisiert haben und die Last des Eigenmietwerts nicht durch die Möglichkeit des Schuldzinsabzugs mildern können. Nicht selten sind diese Personen gezwungen, ihr Wohneigentum aufgrund der finanziellen Belastung aufzugeben.
Genereller Systemwechsel als Lösung?
Im vergangenen Jahr unterzeichneten mehr als 145 000 Personen in gerade mal vier Monaten die Petition «Eigenmietwert abschaffen» des HEV Schweiz, um auf die Interessen der Wohneigentümer aufmerksam zu machen und den Druck im Parlament zu erhöhen. Mit Erfolg: Zwar lehnte der Ständerat Anfang des Jahres das Wahlrecht meiner Motion «Sicheres Wohnen. Einmaliges Wahlrecht beim Eigenmietwert» ab. Gleichzeitig entschied sich die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) im Wissen um die Aktualität der Thematik dazu, eine eigene parlamentarische Initiative einzureichen. Der Vorstoss «Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung» fordert einen generellen Systemwechsel, indem der Eigenmietwert von selbstgenutztem Wohneigentum am Hauptwohnsitz zukünftig nicht mehr dem steuerbaren Einkommen zugerechnet werden soll. Im Gegenzug fallen die Abzugsmöglichkeiten für Unterhaltsarbeiten und Schuldzinsen fort. Insbesondere letzteres ist aus volkswirtschaftlicher Sicht wichtig und dürfte einen positiven Einfluss auf die stetig steigende Verschuldung der Privathaushalte haben. Gemäss dem Vorstoss ist einzig der Verfassungsauftrag der Wohneigentumsförderung zu erfüllen, beispielsweise durch einen in zeitlicher und betragsmässiger Sicht begrenzten Ersterwerberabzug.
Nicht betroffen durch den Vorstoss ist die Besteuerung von Zweitimmobilien und Renditeliegenschaften im Privatvermögen. In diesen Fällen soll das geltende System weiterhin bestehen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass ein Wegfall der Eigenmietwertbesteuerung, insbesondere bei den Tourismuskantonen, problematisch wäre.
Zustimmung in den beratenden Kommissionen
Nachdem die WAK-S den Vorstoss einstimmig beschlossen und gutgeheissen hatte, hat sich auch die nationalrätliche Schwesterkommission im August dieses Jahres einstimmig für einen generellen Systemwechsel ausgesprochen. Die WAK-S hat nun zwei Jahre Zeit, einen konkreten Gesetzesartikel auszuarbeiten und diesen zur Beratung ins Parlament zu reichen. Die WAK-N hielt explizit fest, dass die heutige steuerliche Situation falsche Anreize zu einer Privatverschuldung bietet und das aktuelle Zinsniveau zum jetzigen Zeitpunkt eine gute Ausgangslage für eine Lösung der Problematik bietet.
Es bleibt zu hoffen, dass die Ausarbeitung der gesetzlichen Grundlage durch die WAK-S nun zügig voranschreitet und bereits in naher Zukunft im Parlament thematisiert werden wird. Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass das Interesse der Wohneigentümer im Parlament an Bedeutung gewonnen hat und die Chancen für eine Lösung der Eigenmietwertproblematik gut stehen.
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* Nationalrat Hans Egloff ist Präsident des Haus- eigentümerverbands Schweiz HEV.
Die Tribüne-Autoren geben ihre eigene Meinung wieder; diese muss sich nicht mit jener des sgv decken.
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