Publiziert am: 21.11.2014

Lohngleichheit ohne Staatsdiktat

LOHNGLEICHHEITSDIALOG – Die Festlegung des Lohnes soll auch in Zukunft Angelegenheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder der Vertragspartner bleiben. Staatliche Kontrollmechanismen braucht es nicht.

2009 wurde der Lohngleichheits­dialog zwischen den Sozialpartnern unter Mitwirkung des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv auf Arbeitgeberseite und Vertreterorganisationen auf Arbeitnehmerseite aufgenommen. Verschiedene Firmen mit mehr als 200 000 Arbeitnehmenden verpflichteten sich auf Arbeitgeberseite. Nach Auffassung des sgv hat sich der Lohngleichheitsdialog etabliert. Das Projekt hat zunehmend an Bekanntheit und Glaubwürdigkeit gewonnen. Das KMU-Ziel wurde erreicht. Die Streuung des Merkblatts war breit und zielgerichtet – insbesondere auch durch die Schweizerische Gewerbezeitung sgz. Mehr Unternehmen waren erwünscht.

Fadenscheinige Begründung

Gross war die Enttäuschung seitens des sgv, als im Februar dieses Jahres der Lohngleichheitsdialog mit der fadenscheinigen Begründung durch den Bund für «gescheitert» erklärt wurde, bevor überhaupt eine fundierte Auswertung vorgenommen werden konnte. Doch dieser überraschende Entscheid hatte seine Vorboten. Bereits am 13. Dezember 2013 publizierte das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zwei Studien zur Lohngleichheit. Die erste Studie zeigt auf, welche staatlichen Massnahmen ­andere Länder kennen, die zweite zeigt mögliche Massnahmen für staatlichen Kontrollen und Durchsetzungsinstrumente in der Schweiz auf. Damit ist das Ergebnis des Lohngleichheitsdialogs durch den Bund vorweggenommen worden. Die Berichte zeigten schon im Dezember 2013 die Richtung auf: staatliche Zwangsmassnahmen. Der sgv hat damals Protest eingelegt und sich für die Weiterführung des Lohngleichheitsdialoges ausgesprochen.

Lohnunterschiede 
teilweise erklärbar

Bei über 4 Millionen Erwerbstätigen in der Schweiz arbeiten 2,83 Millionen Vollzeit (d.h. mindestens 90 Prozent der betrieblichen Arbeitszeit) und 1,29 Millionen Teilzeit (d.h. weniger als 90 Prozent der betrieblichen Arbeitszeit). Bei den Teilzeitbeschäftigten beträgt der Frauenanteil 54,1 Prozent; er ist damit viel höher als jener der Männer mit 12,6 Prozent. Viele KMU engagieren sich für die Lohngleichheit. Nach wie vor gibt es aber Unterschiede, die sich durch unterschiedliche Berufserfahrungen und Unterbrüche der Berufsausübung oder in Abhängigkeit von Ausbildung, Funktion u.a.m. erklären lassen.

GAV gelten

Es gibt aber auch nicht erklärbare geschlechterbedingte Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen. Sie nahmen in den letzten Jahren kontinuierlich ab und betragen heute noch rund 8 Prozent – Tendenz weiter sinkend.

Ein grosser Anteil der Beschäftigten untersteht Lohnregelungen, die in Gesamtarbeitsverträgen durch die Sozialpartner ausgehandelt wurden und die geschlechterbedingte Lohndiskriminierungen ausschliessen. Von allen Fällen vermuteter Lohndiskriminierung stellen sich letztendlich 8 bis 9 Prozent als nicht begründbare, echte Diskriminierung heraus. Um diese zu bekämpfen und zu minimieren, hat sich die KMU-Wirtschaft im Rahmen des Lohngleichheitsdialogs zu umfangreichen Aufklärungs- und Sensibilisierungsmassnahmen verpflichten lassen. Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen ist dies der einzige sinnvolle und wirkungsvolle Weg, um diese Diskriminierungsfälle zu beseitigen.

Standortbestimmung für KMU

Der sgv hat im Sommer 2014 eine Studie zur Positionierung der Frauen in KMU gemacht. Die Ergebnisse zeigen, dass gerade in den KMU die Frauen eine besonders wichtige Rolle einnehmen, auch ohne staatliche Regelungen.

Ob die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau eingehalten wird, können Arbeitgebende mit einer einfachen Standortbestimmung ihrer Lohnpolitik selbst überprüfen. Die Software dazu heisst Logib und ist geeignet für Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden. Da eine erhebliche Anzahl der Beschäftigten (rund 50 Prozent) in Klein- und Mikrobetrieben arbeitet, wurde für ­diese anstelle des für sie ungeeigneten Selbsttests ein Merkblatt für kleine und mittlere Unternehmen mit 10 Punkten erarbeitet.

Nein zu Zwangsmassnahmen

Jüngste Entwicklungen lassen nichts Gutes vermuten. Im Oktober liess der Bundesrat verlauten, dass Revisionsgesellschaften oder Sozialpartner Lohnkontrollen in Betrieben durchführen sollen, quasi in der Funktion einer Lohnpolizei. Der liberale Arbeitsmarkt wird dadurch einer aufwändigen und teuren Bürokratieübung geopfert. Diese Forderungen des Bundesrates zur Bekämpfung der Lohndiskriminierung weist der sgv entschieden zurück.

Im Lohngleichheitsdialog hat die KMU-Wirtschaft die vereinbarten Ziele vollumfänglich erfüllt. Dass der Lohngleichheitsdialog trotzdem als gescheitert abgeschrieben wird, zeigt, dass Bundesrätin Simonetta Sommaruga mit den Gewerkschaften gar nie an einer Lösung ohne gesetzliche Vorgaben interessiert war. Der Bundesrat will externe Revisionsstellen oder Sozialpartner in die Betriebe schicken, um dort als verlängerter Arm des Staates Lohnkontrollen durchzuführen. Dies ist gerade in KMU ein riesiger Kostentreiber ohne Wirkung. Lohnpolizei und teure Eingriffe in den liberalen Arbeitsmarkt sind das falsche Mittel. Lohngleichheit kann nur zusammen mit den Arbeitgebern und nicht mit teuren Überregulierungen erreicht werden. Der sgv fordert, dass die erreichten Ziele der KMU-Wirtschaft im Lohngleichheitsdialog anerkannt und gewürdigt werden. Die vorgeschlagenen Überregulierungen lehnt der sgv als grösster Dachverband der Schweizer Wirtschaft entschieden ab.

Lohnverhandlungen ohne Staat

Eine Lohnpolizei und teure Eingriffe in den liberalen Arbeitsmarkt sind das falsche Mittel. Es entspricht gut schweizerischer Tradition, arbeitsrechtliche Probleme sozialpartnerschaftlich anzugehen. Ein staatliches Kontroll- und Sanktionssystem lehnt der sgv ab. Der Arbeitsmarkt darf nicht ausgeschaltet oder unterlaufen werden. Die Festlegung des Lohnes soll auch in Zukunft Angelegenheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder der Vertragspartner bleiben. Staatliche Kontrollmechanismen braucht es nicht.

Dieter Kläy,
Ressortleiter sgv

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