Publiziert am: 24.01.2020

Nachholbedarf bei den KMU

DIGITALISIERUNG – Der immer globaler werdende Wettbewerb betrifft auch Schweizer KMU. Deshalb muss heute brachliegendes Potenzial erkannt und etwa die Kommunikation mit der Verwaltung möglichst rasch vereinfacht werden.

Welche digitalen Fähigkeiten finden sich in KMU, welche sind noch nicht vorhanden? Darum drehte sich in Klosters ein Gespräch zwischen Jeremias Meier, Gründer und CEO der Business-Software-Plattform Bexio, und Henrique Schneider, beim Schweizerischen Gewerbeverband sgv zuständig fürs Thema Digitalisierung.

Sechs Jahre nach der Gründung vertrauen bereits mehr als 25 000 Schweizer KMU der Plattform Bexio. «Unsere Kunden sind keine IT-Profis», sagte Meier. «Dank unseres Supports können sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und haben mehr Zeit für ihre Kunden.» Meier ortet bei den KMU ein «enormes Potenzial» in Sachen Digitalisierung: Bis zu 70 Prozent aller Firmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden seien noch nicht digitalisiert.

«Es muss jetzt rasch gehen»

Ein vom sgv initiierter Workshop mit KMU-Vertretern im November 2019 hat aufgezeigt: Das Interesse am Thema Digitalisierung ist gross. Kleine Firmen wollen hier vorwärtsgehen – oft wissen sie aber nicht, was genau sie tun sollen respektive dürfen. «Es ist die Aufgabe jedes einzelnen Unternehmers, seine Firma für die digitale Zukunft fitzumachen», sagte Schneider. Branchenlösungen könnten weiterhelfen; vor allem aber sei noch viel zu tun betreffend die Aufklärung: «Welche Anpassungen sind nötig, welche Aufbewahrungsfristen gelten wo, wie funktioniert eine elektronische Unterschrift?» Hier setze sich der Gewerbeverband aktiv ein. Bis zum Frühjahr werde der sgv mit einem Forderungskatalog ans Wirtschaftsministerium WBF herantreten und dadurch mithelfen, KMU den dringend nötigen Schritt in die Digitalisierung zu erleichtern.

Denn die Anpassung an die neuen Realitäten müsse nun rasch vorangehen. «Die Schweiz darf sich hier nicht mit dem Mittelmass zufriedengeben», sagte der Bexio-Gründer, «sonst schmelzen unsere wirtschaftlichen Vorteile bald weg.» Der immer globaler werdende Wettbewerb betreffe auch hiesige KMU. «Deshalb muss heute brachliegendes Potenzial erkannt und etwa die Kommunikation mit der Verwaltung möglichst rasch vereinfacht werden.»

Diese Ansicht vertrat auch Martina Hirayama vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). «Mit der Plattform digitalinform.swiss unterstützt der Bund Schweizer Firmen in ihren Anstrengungen zur Digitalisierung.»

Schweiz muss innovativ bleiben

Was sich ändern muss, damit die Schweiz innovativ bleibt, diskutierten unter der Leitung von NZZ-Redaktor Michael Schönenberger die Nationalratsmitglieder Franz Grüter (SVP/LU), Sandra Locher Benguerel (SP/GR) und Andri Silberschmidt (FDP/ZH) sowie Sarah Bünter, Präsidentin der jungen CVP.

«Die Schweiz muss sich in Sachen Innovation nicht verstecken, und es besteht keinerlei Grund für Minderwertigkeitskomplexe», stellte IT-Unternehmer Grüter klar. Unser Land werde als Forschungsstandort immer attraktiver, und «zahlreiche extrem innovative Kleinfirmen werden von Grosskonzernen aufgekauft: Hier findet sehr wohl Innovation statt.» Selbstkritisch stellte Grüter aber auch fest: «Die IT-Industrie hat es zu lange verschlafen, Nachwuchs auszubilden – und die Internatio­nalen verstehen oft gar nicht, was wir hier eigentlich tun und wie Berufsbildung funktioniert.» Zudem würden der Industrie gut ausgebildete Frauen fehlen.

Für Neo-Nationalrat und Unternehmer Silberschmidt «muss die Schweiz selber ein Label sein». Innovation dürfe nicht mit Digitalisierung gleichgesetzt werden, und Fachhochschulen müssten endlich auch lehren, wie Unternehmen gegründet würden. Wichtig sei, dass keine übertriebenen Regulierungen die unternehmerische Freiheit beschränkten, keine zu hohen Hürden für ausländische Fachkräfte aufgebaut würden und genügend Risikokapital bereitstehe.

SP-Vertreterin Locher plädierte dafür, dass die Politik das Risiko eines unternehmerischen Scheiterns abfedern solle; einer generellen Lockerung des Arbeitsgesetzes stehe sie aber kritisch gegenüber.

Anders JCVP-Präsidentin Bünter: «Das aus dem Jahr 1966 stammende Arbeitsgesetz ist für junge Firmen – gerade auch im Bereich Digitalisierung – ein Problem. Es muss dringend den heutigen Gegebenheiten angepasst werden.»En

www.sgv-usam.ch/klosters

Weiterführende Artikel

Weiterführende Artikel

Weiterführende Artikel

Meist Gelesen