Publiziert am: 11.08.2017

Nicht länger auf Fachkräfte verzichten

KINDERBETREUUNGSKOSTEN – Höhere Steuerabzüge auf Drittbetreuungskosten hätten langfristig positive Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft. Höhere Obergrenzen wären insbesondere im Kampf gegen den Fachkräftemangel ein probates Mittel.

Obwohl in der Schweiz der Anteil berufstätiger Frauen im internationalen Vergleich hoch ist, bleibt die Gesamtsumme der von ihnen geleisteten Arbeitszeit sehr tief. Die Teilzeitarbeit ist stark verbreitet und erklärt sich vor allem durch die Tatsache, dass das System der ausserfamiliären Kinderbetreuung ungenügend und zu teuer ist. Die Kosten für die Drittbetreuung von Kindern sowie deren Berücksichtigung bei der Berechnung der Steuern können grossen Einfluss auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben. In der Regel ist es die Mutter, die ihre berufliche Aktivität einschränkt oder sogar vollständig darauf verzichtet.

Tiefe Obergrenzen sind 
entmutigend

Aktuell erlaubt das Gesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) nur einen Abzug der Kinderdrittbetreuungskosten in der Höhe von maximal 10 100 Franken pro Kind und Jahr. Auf kantonaler Ebene hält das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) die Stände dazu an, ebenfalls einen Abzug für Kinderdrittbetreuungskosten vorzusehen. Jedoch sind die Kantone frei, dessen Obergrenze selber festzulegen. So bewegen sich die erlaubten Abzüge zwischen 3000 Franken (Nidwalden und Wallis) und 19 200 Franken (Neuenburg) pro Kind und Jahr; Uri erlaubt sogar den vollumfänglichen Abzug der Kosten.

Die Auswirkungen dieser Obergrenzen auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit sind rasch erklärt: Je tiefer die Obergrenze, umso grösser die Anzahl der Steuerpflichtigen, deren Betreuungskosten nur eingeschränkt Rechnung getragen wird. Auf Ebene Familie wirkt eine tiefe Obergrenze entmutigend, das heisst ein Elternteil schränkt seine berufliche Aktivität ein oder verzichtet vollständig darauf.

Steuersystem mit negativen 
Auswirkungen

Heute kostet die nichtsubventionierte Betreuung eines Kindes in einer ausserschulischen Institution während fünf Tagen pro Woche die Eltern zwischen 2200 und 2700 Franken im Monat. Über das Jahr können sich die Kosten für eine Vollzeitbetreuung in einer ausserfamiliären Einrichtung rasch einmal auf rund 32 000 Franken pro Kind belaufen. Die Rechnung für einen Haushalt ist schnell gemacht, übersteigen doch die Betreuungskosten die Obergrenze der möglichen Steuerabzüge bei weitem. Auf kantonaler Ebene hat dies eine Schwächung der Wirtschaft zur Folge. Die negativen Folgen für die Ausübung einer lukrativen Tätigkeit im Zusammenhang mit den Betreuungskosten werden durch das schweizerische Steuersystem also noch verstärkt.

Kurzfristige Mindereinnahmen werden kompensiert

Im Rahmen der Initiative zur Bekämpfung des Fachkräftemangels hat der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement beauftragt, die Situation zu analysieren. Das Resultat: Die negativen Auswirkungen können mit einer Erhöhung der Obergrenzen der Abzüge auf Bundes- und Kantonsebene bekämpft werden. Bei der direkten Bundessteuer sollen Eltern pro Kind und Jahr neu bis zu 25 000 Franken für Drittbetreuungskosten von ihrem Einkommen abziehen können. Auf Kantonsebene ist ein Abzug von mindestens 10 000 Franken vorgesehen, wobei die Kantone frei sind, einen Höchstbetrag für die Abzüge festzulegen. Auch Personen in Ausbildung und Erwerbsunfähige sind abzugsberechtigt. Hingegen werden die Anspruchsvoraussetzungen beibehalten. So können nur Steuerpflichtige, die im selben Haushalt wie die Kinder leben, deren Betreuungskosten abziehen und die Abzüge gelten nur für Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Kurzfristig wird die Reform die jährlichen Steuereinnahmen des Bundes um rund 10 Millionen Franken verringern und diejenigen der Kantone und Gemeinden um 25 Millionen Franken. Mittel- und langfristig werden diese Ausfälle jedoch durch die positiven Auswirkungen einer besseren Ressourcennutzung und damit einer höheren Teilnahme am Arbeitsmarkt kompensiert.

Alexa Krattinger,

Ressortleiterin sgv

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