Publiziert am: 21.10.2022

Nützen und schützen

DIGITALISIERUNG – Die sich rasch fortentwickelnde digitale Transformation bietet Unternehmern viele neue Möglichkeiten. Chancen, die sich auch der Staat nicht entgehen lassen will – nicht immer zugunsten des Unternehmertums.

Im Zeitalter der digitalen Transformation scheinen sich die Möglichkeiten zu vervielfachen, Maschinen näher an den Menschen zu bringen und einen noch höheren Grad an Effizienz zu erreichen. Die Digitalisierung kann alle Prozesse effizienter gestalten. Somit sind alle Bereiche betroffen. Grund genug für den Schweizerischen Gewerbeverband sgv, diese für die KMU-Politik interessante Bewegung zu unterstützen, nämlich um die unternehmerische Freiheit zu fördern (vgl. auch Kasten) und die Prozesskosten der Unternehmensregulierung zu senken.

Ausmass schwer abschätzbar

Unternehmen können die Digitalisierung nutzen, um ihre Produktionsprozesse oder Dienstleistungen noch genauer zu kontrollieren. Die gewonnenen Informationen er-möglichen es, den Unternehmensablauf bestmöglich anzupassen. Auch die Koordination, die ein komplexer Bereich in einem Unternehmen ist, kann verbessert werden, wenn die richtigen Instrumente eingesetzt werden und der menschliche Kontakt nicht vernachlässigt wird.

Mittels Digitalisierung können Unternehmen auch ihre Ergebnisse vergleichen und so versuchen, ihre Leistung im Vergleich zu Konkurrenten zu verbessern. Die sozialen Medien bieten zudem die Möglichkeit, auf diesem Weg viel mehr Kunden, Lieferanten oder Partnerunternehmen zu erreichen. Das Ausmass der Möglichkeiten scheint noch nicht völlig abschätzbar zu sein, da die Chancen so vielfältig sind.

Informationen bedeuten Macht –das weiss auch Väterchen Staat

Doch so sehr eine Erfindung gute Dinge für Unternehmen ermöglichen kann, so sehr kann sie auch neue Schwierigkeiten mit sich bringen. Zunächst sind da für das Unternehmen die Kosten für die Investition in diese neuen Technologien, die die Unternehmensleitungen manchmal im Unklaren lassen. Die Vernetzung der Gesellschaft über das Internet hat mit der Cyberkriminalität auch eine neue Bedrohung geschaffen. Immer mehr Unternehmen werden gehackt, mit katastrophalen Folgen bis hin zu Lösegeldforderungen oder sogar der schlichten Zerstörung des Unternehmens.

Eine Schwierigkeit, über die in den Medien weit weniger berichtet wird, ist die wachsende Bereitschaft des Staates, dank der digitalen Transformation wieder die Kontrolle über Netzwerke oder Unternehmensinformationen zu übernehmen. Immer häufiger wollen die Bundesbehörden bei Konsultationen alle Daten eines Bereichs wie Geodaten oder Mobilitätsdaten an sich ziehen.

Auch wenn die ursprüngliche Absicht gut ist, da es darum geht, diese Daten für alle nutzbar zu machen, haben wir in einem zweiten Schritt das Problem, dass der Staat der einzige ist, der sich so viele Daten aneignen konnte und daher entscheiden kann, in diesen Bereichen als erster Entscheidungsträger einzugreifen. Wer im Besitz der Informationen ist, verfügt letztlich über eine nicht zu unterschätzende Macht.

Die Situation in der Schweiz präsentiert sich momentan eher positiv, aber zum Beispiel in der Europäischen Union zeichnet sich eine Tendenz ab, die Wirtschaft durch die digitale Transformation kontrollieren zu wollen.

Der Schweizerische Gewerbeverband ist sich dieser Herausforderung der Digitalisierung sehr wohl bewusst, die sowohl monumentale Chancen für die Unternehmen als auch mögliche Kalamitäten darstellt, gegen die sich die KMU entschieden wehren müssen.

Das Ziel besteht also darin, sowohl die Probleme mit der Cyberkriminalität als auch die Angriffsversuche von Verwaltungen einzudämmen, die sich nach Interventionismus sehnen, dieser akuten Krankheit, die die Beamten dazu bringt, in der Privatwirtschaft mehr als angemessen Einfluss zu nehmen.

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

arbeitswelt 4.0

Unternehmer fördern statt sie behindern

Selbstständigen Unternehmern bringt die Arbeitswelt 4.0 enorme Chancen. «Unsere Gesetze und die behördliche Praxis müssen aber zulassen, dass diese Chancen genutzt werden können», sagt der Luzerner Mitte-Nationalrat Leo Müller. Mittels einer Interpellation «Selbständigkeit im digitalen Zeitalter – Unternehmertum fördern» (22.4227) fragt er den Bundesrat: Liegt es im öffentlichen Interesse, selbstständiges Unternehmertum zu behindern statt zu fördern? Ist der Bundesrat bereit, eine Änderung der Gesetzgebung einzuleiten, damit digital Arbeitende aufgrund der heute geltenden Zivil-, Sozialversicherungs- und Steuerrechts-Gesetzen und -Verordnungen nicht weiter behindert und benachteiligt werden? Was gedenkt der Bundesrat zu unternehmen, damit die rasch wachsende Gruppe von Berufstätigen, die ganz oder teilweise digital arbeiten, auch statistisch entsprechend erfasst werden? Und schliesslich: Ist der Bundesrat bereit, entsprechende Studien in Auftrag zu geben, welche die digitale Wirtschaft, digitales Arbeiten und insbesondere digital Arbeitende besser erfassen, um daraus die notwendigen Erkenntnisse bezüglich Zivil-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht zu ziehen?

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