Publiziert am: 22.02.2019

Tempodiktat bremst das Gewerbe

verkehrsfluss vs verkehrsberuhigung – Soll Tempo 30 aus Lärmschutzgründen auf verkehrsorientierten Strassen und Haupt­verkehrs­achsen zulässig sein? Diese Frage beschäftigt schon seit mehreren Jahren die Verkehrspolitik. Rein aus Lärmschutzgründen macht die Reduktion der Höchstgeschwindigkeit wenig Sinn.

Ende 2018 sorgte ein Entscheid des Bundesgerichts dafür, dass im Kanton Basel-Stadt Tempo 30 auch auf der verkehrsorientierten Sevogelstrasse eingeführt werden kann (vgl. Kasten unten). Für den Kanton ist das Urteil Anlass zur Errichtung weiterer Tempo-30-Abschnitte auf verkehrsorientierten Strassen. Argumentiert wird unter anderem mit einer Lärmreduktion.

Auch die Stadt Zürich will nicht nur in Quartieren, sondern auch auf Hauptstrassen vermehrt Zonen mit Tempo 30 einführen. Die Automobilverbände wehrten sich auch hier rechtlich gegen die geplante flächendeckende Temporeduktion.

Nicht auf Durchgangsachsen

Auf Quartierstrassen macht Tempo 30 aus Sicherheitsgründen und auch zur Beruhigung von Wohnquartieren durchaus Sinn. Heute sind rund 80 Prozent der Gemeindestrassen der Stadt Zürich mit Tempo 30 signalisiert. Weitere Projekte harren der Umsetzung. Es widerspricht aber dem Grundsatz der Verhältnimässigkeit, unter dem Deckmantel der Lärmschutzverordnung des Bundes Tempo 30 auch auf Hauptstrassen und Quartierstrassen mit übergeordneter, quartierverbindender Funktion anzupassen. Letztlich geht es um eine Abwägung zwischen den Interessen der Lärmbetroffenen und den Interessen jener, die auf den Strassen fahren.

Verkehrsfluss auf Hauptachsen aufrechterhalten

Eine Antwort auf das Vorgehen der Städte ist auf nationaler Ebene in Bearbeitung. Die parlamentarische Initiative von Nationalrat Gregor Rutz (SVP/ZH) fordert, dass die Bestimmungen des Strassenverkehrsgesetzes dahingehend zu ergänzen seien, dass auf Hauptverkehrsachsen innerorts generell Tempo 50 gilt und dieser Grundsatz nur aus Gründen der Sicherheit, insbesondere aber nicht durch Lärmschutzgründe umgangen werden kann. Die Lärmschutzverordnung des Bundes wird vermehrt zum Anlass genommen, auch Hauptverkehrsachsen in Tempo-30-Zonen einzubeziehen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wirkt sich aber auch auf vorgelagerte und übergeordnete Strassennetze aus. Wird die Leistungsfähigkeit der Hauptverkehrsstrassen der Städte durch Tempo 30 reduziert, kann der Verkehr der übergeordneten Netze nicht mehr aufgenommen werden. Wenn die Städte diesen Verkehr nicht abnehmen, nützt der vom Souverän beschlossene Kapazitätsausbau auf dem Nationalstrassennetz nichts. Rein aus Lärmschutzgründen zeigt Tempo 30 keine Wirkung. Lärm wird nicht nur durch den Motor, sondern auch durch das Abrollgeräusch der Reifen erzeugt. Flüsterbeläge oder modernere, leisere Reifen erzielen deutlich mehr Wirkung.

sgv unterstützt Tempo 50 auf Hauptverkehrsachsen innerorts

Aus Vernunftgründen unterstützt der sgv das Vorhaben, allein aus Lärmschutzgründen Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen nicht zuzulassen. Das Argument des Eingriffs in die Gemeinde- oder Kantonsautonomie zählt nicht. Wenn die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger den Ausbau des Nationalstrassennetzes gutheissen, muss entsprechend gewährleistet werden, dass die Städte und Agglomerationen den Verkehr in geeigneter Art und Weise abnehmen können. Generell Tempo 30 ist unverhältnismässig. Mildere Massnahmen wie z. B. Flüsterbeläge sind einer Einführung von Tempo 30 vorzuziehen, zumal auch der Bund deren Förderung angekündigt hat.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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