«Wir sind die im Sturm und Wetter»
REGULIERUNG & FACHKRÄFTE – Ärger, Herausforderung und neue Betätigungsfelder: Die Bürokratie, Fachkräfte und Kernkraftwerke sind die Themen, die die Hebetec AG zurzeit und in Zukunft beschäftigen.
HEBETEC AG – Das hochspezialisierte KMU aus Hindelbank BE liebt schwere Aufgaben. Gebäude, Schiffe, Brücken oder ganze Ölplattformen werden angehoben oder verschoben. Aber auch in Kernkraftwerken sind die Experten für das Bewegen schwerer Lasten – das sogenannte «heavy lifting» – anzutreffen.
Wenn es erwünscht wäre, die Hebetec AG würde auch Berge versetzen. An der Machbarkeit ist kaum zu zweifeln, die Projekte der Emmentaler Firma sind schlicht atemberaubend. Mit höchster Ingenieurskunst hat es das Hindelbanker KMU zu Weltruf gebracht, wenn auch «nur» in den einschlägigen Branchen. Ein typischer Hidden Champion halt. Wenn man irgendjemandem das Firmencredo «Geht nicht, gibt’s nicht» wirklich abkauft, dann Markus Abbühl, dem operativen Geschäftsführer (COO) der Hebetec.
Erinnern Sie sich an den Findling bei der Autobahnausfahrt Muri, der bei den Bauarbeiten im Weg stand? Dieser fast 400 Tonnen schwere Brocken an der A6 wurde 2018 um zwei Meter verschoben. Die Hebetec war es, die dieses Steinchen rasch – in 15 Minuten – aus dem Weg geräumt hat. Der breiten Masse ist das KMU, wenn überhaupt, für diese Leistung bekannt. Aber die Profis fürs Bewegen von schweren Lasten, dem sogenannten «heavy lifting», haben doch ganz andere Projekte im Palmarès? Markus Abbühl betont: «Wir haben überall eine riesengrosse Verantwortung zu tragen.»
Riesengross – ja, das sind viele Projekte der Hebetec. Gebäude, Schiffe, Ölplattformen, Brücken oder Stadiondächer. Letztere sind auch Prestigeobjekte. «Vor allem dasjenige der Las Vegas Raiders», sagt Abbühl stolz und zeigt ein Bild des Allegiant Stadium, der Heimstätte des Football-Teams im Bundesstaat Nevada.
Das bisher buchstäblich schwerste Projekt hat ein Gewicht von 107 000 Tonnen! Es handelt sich dabei um eine Ölplattform, die Ausführung steht noch bevor. Für Laien hört sich das sehr «heavy» an, oder wenn wir grad die Anglizismen bemühen: eine «Mission impossible?». Abbühl gelassen: «Es gibt fast keine Grenzen gegen oben. Wird es schwerer, installieren wir einfach noch mehr Geräte.»
Wie und warum verschiebt man eigentlich Schiffe und Ölplattformen? Letztere werden an Land gebaut und anschliessend auf einen sogenannten Ponton – eine Schwimmplattform – geschoben. Von dort werden sie auf das offene Meer hinausgezogen und eingewassert. Die Verschubaktion dauert jeweils zehn bis zwölf Stunden. «Das ist sehr eindrücklich anzusehen», sagt selbst Abbühl. «Man darf nicht vergessen, dass viele Faktoren berücksichtigt werden müssen, auch natürliche wie Ebbe und Flut.» Rund 6000 Tonnen an Material wie Träger, Stützen, Hydraulikzylinder etc. wird benötigt.
Der eigentliche Verschub funktioniert dank sogenannter Gleitschuhe. Auf Ihnen werden die zu bewegenden Objekte meist nur um wenige Millimeter bis Zentimeter angehoben. Dank ausgeklĂĽgelter Technik wird mittels Luftkissensystem die Reibung so stark reduziert, dass auch grosse Lasten mit wenig Kraft horizontal verschoben werden Âkönnen.
So auch bei Schiffen. Alleine 2005 bis 2010 hat die Hebetec ĂĽber 150 Schiffe von der Werft auf Pontons verschoben. Die Nachfrage nach Schiffen war bei koreanischen Kunden der Hebetec so riesig, dass die Trockendecks, in welche die Schiffe normalerweise hineingebaut werden, allesamt belegt waren. Auf Jahre hinaus. Um der Nachfrage nachzukommen, wurden die Schiffe neben den Trockendocks aufgebaut, auf den Ponton verschoben und schliesslich eingewassert.
08/15-Aufträge gebe es in dieser Branche keine. «Auch fĂĽnf Tonnen anzuheben kann zum Problem werden, wenn der Kran keinen Platz hat», erklärt AbbĂĽhl. «Dann sind wir zur Stelle.» Solch räumlich enge ÂSituationen sind häufig in KernÂkraftwerken anzutreffen (vgl. Nebenartikel).
Aktuell ein grosses Thema sind Brücken. «Viele sind marode, wie man leider in Italien gesehen hat», sagt Abbühl und spricht die Tragödie in Genua an, als 2018 beim Einsturz der Morandi-Brücke 43 Menschen ihr Leben verloren. Die Hebetec unterstützt die Brückenbauer beim Anheben und/oder Verschieben der einzelnen Elemente. Besonders stolz ist der COO auf die Mitarbeit bei der dritten Bosporus-Brücke in der Türkei (Bild). Die weltweit breiteste Brücke als kombinierte Schrägseil-/Hängebrücke hat eine Spannweite von 1,4 Kilometern. Auf der 59 Meter breiten Brücke gibt es Platz für 8 Verkehrsspuren und 2 Bahnlinien. «Wir haben mit einem selber entwickelten System 17 Brückenelemente gehoben. Jedes der Elemente wiegt 1000 Tonnen.» Und jedes davon wurde ähnlich einem Liftsystem auf rund 80 Meter angehoben.
Viele Systeme und Bauelemente in dieser hochspezialisierten Branche hat die Hebetec selber erfunden oder lässt sie in der Schweiz herstellen. «Die Pressen stammen allesamt von Schweizer Zulieferern», sagt Abbühl. Die Schweizer Qualität sei im internationalen Umfeld nach wie vor ein starker Trumpf, aber auch wichtig für die Qualitätssicherung. «Bei der Qualität gibt es keine Kompromisse, denn bei unseren Arbeiten können wir kein Risiko eingehen.»
Adrian Uhlmann
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