Publiziert am: 13.05.2022

Unter falscher Flagge

MOBILITÄT – Die Vorlage zur Mobilitätsdateninfrastruktur, welche jüngst in der Vernehmlassung war, verfehlt die gesetzten Ziele, konkurrenziert KMU und schafft Grundlagen für schädliches Mobility Pricing. Der Bundesrat muss hier dringend noch einmal über die Bücher gehen.

Mit einer neuen Mobilitätsdaten-infrastruktur will der Bund die Verknüpfung von Mobilitätsdienstleistungen erleichtern und vermeintlich die Bedürfnisse der Schweizer Bevölkerung nachhaltig befriedigen. Doch die Vorlage, welche jüngst in der Vernehmlassung war, verfehlt die gesetzten Ziele, konkurrenziert KMU und schafft Grundlagen für ein schädliches Mobility Pricing. Gründe genug für den Schweizerischen Gewerbeverband sgv, sie abzulehnen.

Die Theorie ...

Bis zum 3. Mai konnten Verbände und interessierte Organisationen zur neuen Mobilitätsdateninfrastruktur Stellung nehmen. Mit der Vorlage soll eine nationale Dateninfrastruktur für Mobilitätsdaten (MODI) geschaffen werden, welche ein umfassendes, schweizweites Datennetz im Mobilitätsbereich zur Verfügung stellen soll. Auf dieser Basis können private Unternehmen neue Dienstleistungen entwickeln, und die Mobilität kann sich multimodal weiterentwickeln. Durch die erreichte digitale Vernetzung sollen ausserdem die bestehende Infrastruktur besser ausgelastet und damit im Endeffekt auch die Mobilitätsbedürfnisse nachhaltiger befriedigt werden können. So die Theorie.

... und die Praxis

Die Verknüpfung von Mobilitätsdaten und die Entwicklung von multimodalen Mobilitätsdienstleistungen sind durchaus wünschenswerte Bestreben, da sie das Reisen erleichtern und allgemein zu einer Effizienzsteigerung im Transportbereich führen. Die vorliegende Vorlage verfehlt dieses Ziel jedoch völlig – und sie schafft neue Probleme, wo der Markt bereits einwandfrei funktioniert.

Schon heute existieren Plattformen, welche Mobilitätsdaten verknüpfen. Private Anbieter haben längst Zugang zu Kundendaten. Verschiedenste Apps bieten die Möglichkeit, Mobilitätsdienstleistungen digital und verknüpft zu beziehen. Es besteht also kein Bedarf, solche Daten von staatlicher Seite her erneut zu sammeln.

«PRIVATE ZU ZWINGEN, IHRE DATEN DEM STAAT ZUR VERFÜGUNG ZU STELLEN, VERLETZT DIE EIGENTUMSRECHTE.»

Der Markt erfüllt diese Aufgabe bereits zur Genüge, und ein staatliches Eingreifen kann somit nur zu Überregulierung und unnötiger Bürokratisierung führen.

Staat konkurrenziert KMU

Die neue staatliche Mobilitätsdatenanstalt (MDA), welche die MODI betreiben soll, wird auf Basis der gesammelten Daten auch verschiedene Dienstleistungen wie z. B. Beratungen anbieten können. Mit der Zeit wird, so steht zu befürchten, hier einmal mehr ein nimmersattes Bürokratiemonster wachsen, welches ständig neue Angebote entwickelt. Dies auf Kosten der KMU, welche aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen kaum mit der staatlichen MDA mithalten können.

Enteignung privater Daten

Schlimmer noch: Daten sind wirtschaftliche Güter, und als solche gehören sie den Privaten, die sie erstellt haben. Die Vorlage will nun allerdings Datenlieferanten verpflichten, bestimmte vordefinierte Datensätze einzuliefern, welche anschliessend öffentlich zur Verfügung gestellt werden sollen. Eine derartige Verletzung der Eigentumsrechte, ja eine eigentliche Enteignung, schadet den KMU, ja der gesamten Wirtschaft und bremst die Digitalisierung (vgl. unten).

Vorteile für den öV und Nachteile für KMU durch Mobility Pricing

Durch die Vorlage wird der öffentliche Verkehr, welcher das «Rückgrat der multimodalen Mobilität» darstellen soll, bevorteilt. Darunter leiden der private Verkehr und somit auch die KMU. Ausserdem schafft die MODI klar die Grundlage für ein schädliches Mobility Pricing. Dies wird jedoch in der Vorlage mit keinem einzigen Wort erwähnt. Dennoch ist klar: Aufgrund der gesammelten Daten kann das Mobilitätsverhalten besser antizipiert und somit auch gesteuert werden.

Um das Ziel einer effizienteren, verknüpften und multimodalen Mobilität wirklich erreichen zu können, muss der Bundesrat also dringend noch einmal über die Bücher gehen.

Michèle Lisibach,

Ressortleiterin sgv

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