Publiziert am: 01.05.2020

Zum Leben gehört der Tod

UMGANG MIT CORONA – «Frei ist nur, wer seine Freiheit gebraucht»: Gerade in Krisenzeiten sollte sich die Politik wieder an diesen Satz in der Präambel der Bundesverfassung erinnern.

Rund um die Entscheidungen des Bundesrates zu Covid-19 stellen sich viele Fragen. Vieles ist unklar. Schon länger klar ist: Zum Leben gehört der Tod. Zur Gesundheit gehört die Krankheit. Zur Wirtschaft gehört der Konkurs (Schumpeter: «Die Wirtschaft lebt von der schöpferischen Zerstörung.»). Zum Arbeitsmarkt gehört die Entlassung. Zur Heirat gehört die Scheidung. Zur Politik gehört die Auseinandersetzung, der Konflikt.

Für jeden und jede – jederzeit

Jedes Jahr verlieren die Bäume ihre Blätter, jedes Jahr bringen sie wieder neue hervor. Das ist das Leben der Natur – und dazu gehören auch die Menschen. Der Staat kann bei Katastrophen, in extremen Not-fällen subsidiär unterstützend wirken. Verantwortlich ist primär das Individuum. Das gilt insbesondere für die Wirtschaft und die Gesellschaft. Es soll dabei bleiben. Entscheidend ist und bleibt die Selbstverantwortung jedes einzelnen Menschen. Beim Zusammenleben im Rahmen der Toleranz. Wenn nun während längerer Zeit die Gesundheit über diese Grundsätze des Lebens gestellt wird, dann gibt der Mensch auch seine Eigenverant­wortung auf.

«Der Bundesrat schränkt Bevölkerung undWirtschaft viel zu eng ein.»

Das beginnt schon im Kleinen: Wer getreu den gesellschaftlichen, gesetzlichen Regelungen handelt und z. B. seine Abfallgebühr und den kostenpflichtigen Abfallsack korrekt entsorgt, der kommt sich gegenüber jenem Mitmenschen, der seinen Ghüder irgendwo abstellt – es wird ja vom Staat, der für alles sorgt, abgeholt – etwas dumm vor. Mit der Umsetzung der sozialistischen Ideen haben Politik und der Staat dazu geführt, dass in jedem Falle jedem in jeder Situation geholfen wird. «Wir haben ja das Geld, wir sind eine reiche Nation», so argumentiert die Linke.

Unter dem Titel «Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen» wurde der Sozialstaat ausgebaut. Dabei ging der vorausgehende Satz verloren: «Frei ist nur, wer seine Freiheit gebraucht.»

Immer nur das Beste…

Gerade in Krisenzeiten sollte sich die Demokratie, die Politik wieder an diesen Satz in der Präambel der Bundesverfassung erinnern. Unter dem Druck der Gewerkschaften, der Linken und der über Gebühr besorgten Politiker, die ja immer nur das Beste für den Menschen wollen, erreichen die vom Bundesrat erlassenen Verordnungen zu Covid-19 ein Ausmass, das die Präambel der Bundesverfassung bei weitem übersteigt.

Die Bevölkerung hat die erste Phase der Einschränkungen bis zum 27. April nicht nur begriffen, sondern auch befolgt. Was nun der Bundesrat ab diesem Datum für die Zukunft verordnet hat, schränkt Bevölkerung und insbesondere die Wirtschaft viel zu eng ein.

Warum dürfen z. B. die Grossverteiler ihr gesamtes Sortiment sofort anbieten, während die kleinen Läden davon ausgeschlossen sind? Warum dürfen Masseure, Kosmetik- und Tattoosalons wieder eröffnen? Warum dürfen nicht alle Läden, die die Hygienevorschriften zur Corona-Bekämpfung einhalten können, geöffnet werden? Hat die Lobby der Grossverteiler, der Coiffeure, der Physiotherapeuten mehr Einfluss bewirkt, als z. B. die Vertreter der Tennis- und Golfplätze, wo die Sicherheitsregeln des BAG auf alle Fälle und mit weniger zusätzlichen Vorschriften eingehalten werden können?

Totaler sozialistischer Staat?

Fragen über Fragen, die aus der Sicht der Bundesverfassung nicht beantwortet werden können. Dort steht nämlich auch «im Bewusstsein der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen».

Ist der Landesregierung nicht bewusst, dass die Wirtschaft unter anderem auch dafür sorgt, dass die Sozialversicherungen finanziert werden? Bleiben die Unternehmungen, die Firmen länger geschlossen als notwendig, fällt die Wirtschaft in eine tiefe Rezession, dann fallen die Beiträge an AHV, BVG, IV, EO, ALV, Familienzulagen aus. Wird dann der Bund über den Steuerzahler – aus Sicht der Linken selbstverständlich die hohen Einkommen – diese Lücke füllen? Will die Mehrheit des Schweizer Volkes wirklich in den totalen sozialistischen Staat marschieren? Auch der nach wie vor von bürgerlicher Mehrheit geführte Bundesrat?

Diese grundsätzlichen Fragen müssen rasch vom Parlament beantwortet werden. Gesundheit vor Wirtschaft – ja, aber bitte mit Mass.

Werner C. Hug

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