Publiziert am: 16.10.2015

Übles Spiel geht schon los

BILLAG-MEDIENSTEUER – Keine vier Monate nach dem RTVG-Krimi rufen die Ersten nach mehr Geld für die SRG. Und die will den sgv aus ihren Reihen entfernen – notfalls mit Zwang.

Mit einem Zufallsmehr von rund 3000 Stimmen wurde das revidierte Radio- und Fernsehgesetz RTVG im Juni angenommen. Als Zückerchen für die Stimmberechtigten stellte Medienministerin Doris Leuthard damals in Aussicht: «Die Billag-Gebühren werden auf 400 Franken sinken.»

Trotz ihres hauchdünnen Siegs geht bei der SRG nun das grosse Zittern um. Denn das gebührenfinanzierte staatliche Medienhaus muss den Gürtel enger schnallen. 40 Millionen will Generaldirektor Roger de Weck einsparen, wie er medienwirksam mitteilen liess. Als Gründe nennt er: Den Wegfall der – jahrelang widerrechtlich kassierten – Mehrwertsteuer auf die Billag-»Gebühren» und den höheren Gebührenanteil der Regionalsender. Die Folge: Die SRG baut 250 Stellen ab. «Abstriche am Programm sind unvermeidlich», lässt de Weck verlauten – und stösst damit die rund 2100 SRG-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor den Kopf.

«Davor haben wir gewarnt»

Mit ihrem Sozialpartner, dem Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM), will die SRG nun über einen Sozialplan für die von der Entlassung bedrohten Angestellten verhandeln. Und die Gewerkschaft bringt sich bereits in Stellung. «Mit dem neuen RTVG sinken die Empfangsgebühren markant. Wir fordern, dass man eine geringere Senkung vornimmt, um den jetzigen Aderlass zu kompensieren», sagte SSM-Zentralsekretär Stephan Ruppen nach Bekanntwerden des geplanten Stellenabbaus gegenüber dem «Blick». Beim Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv läuten ob solcher Töne die Alarmglocken: «Genau davor haben wir gewarnt», sagt Hans-Ulrich Bigler. «Falls der Bundesrat, wie im RTVG vorgesehen, alleine über die Höhe der Mediensteuer entscheiden kann, wird der politische Druck für eine Erhöhung bald zunehmen. Keine vier Monate nach der Abstimmung sind unsere Befürchtungen bereits Realität.»

SRG spielt Marktmacht aus

Nebst der künftigen Höhe der Mediensteuer löst das Staats-Medienhaus beim sgv noch zusätzlichen Ärger aus. So will die SRG den ­Gewerbeverband bei ihrer Tochtergesellschaft Publisuisse als Aktionär loswerden. Der sgv ist der letzte ­verbliebene Kleinaktionär der Vermarktungsorganisation, die neu ­zusammen mit Swisscom und Ringier ­Medienmacht bündeln soll. Ein Kaufangebot für seine 0,2-Prozent-Beteiligung hat der sgv angelehnt. «Der angebotene Kaufpreis entspricht angesichts der neuen Konstellation nicht dem wirklichen Wert unserer Beteiligung», sagt sgv-Direktor Bigler, der mit der Schweizerischen Gewerbezeitung und dem Journal des arts et métiers (WEMF-beglaubigte Gesamtauflage gut 142 000 Ex.) auch als Verleger auftritt. «Als Aktionär und Verleger wollen wir informiert bleiben, was die neue Gesellschaft mit ihren staatsnahen Eigentümern zu tun gedenkt.» Die SRG ihrerseite prüft nun, den ungeliebten Minderheitsaktionär sgv per «Squeeze-out» zwangsweise auszuschliessen.

sgv-Präsident und Nationalrat Jean-François Rime und Gewerbedirektor Bigler haben deshalb die Wettbewerbskommission (Weko) aufgefordert, «den Auswirkungen der Verdrängung bisheriger Eigentümer der publisuisse» nachzugehen.

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