BAHNFAHRTEN IM WINTER – Der Weg ist das Ziel: Dies gilt auch für Bahnreisende, die nicht einfach nur von A nach B kommen, sondern vor allem die Fahrt geniessen wollen. Wir stellen die beiden bekanntesten Strecken in der Schweiz vor – mit dem Glacier-Express von St. Moritz nach Zermatt auf der Albulalinie und mit dem GoldenPass durchgehend von Montreux nach Interlaken.
St. Moritz ist ein touristisches Schwergewicht, Zermatt ebenfalls. Was liegt da näher, als die beiden beliebten Winterorte miteinander zu verbinden! Acht Stunden benötigt der Glacier-Express, der in Reiseführern gerne als «der langsamste Expresszug der Welt» bezeichnet wird, für die Strecke zwischen dem Engadin und dem Mattertal – und die vergehen wie im Flug. Besonders schön ist auch die Fahrt über den 2033 Meter hohen Oberalppass. Die gesamte Strecke ist 291 Kilometer lang, passend dazu überquert man mit dem Zug 291 Brücken – im Durchschnitt also eine pro Kilometer. Schon der Start entlang der 62 Kilometer langen Albulalinie nach Thusis ist so spektakulär, dass diese seit 2008 wie die Bernina-Strecke auf der Liste des Weltkulturerbes der Unesco aufgeführt ist; kaum zu glauben, dass die hindernisreiche Verbindung Anfang des vergangenen Jahrhunderts in bloss fünf Jahren Bauzeit fertiggestellt werden konnte.
Den Skitag im gemütlichen Bahnwagen mit Schlagern und Party-Klassikern ausklingen lassen: Zwischen Arosa und Chur ist am Wochenende neu der Après-Ski-Wagen unterwegs. Am Samstag und Sonntag, mit Abfahrt um 17.17 Uhr und Ankunft in Chur um 18.19 Uhr, kann nach Lust und Laune mitgesungen und geschunkelt werden. Als passende Lokalität wird jeweils die Bündnerstube auf Rädern, die Stiva Retica, oder das urchige Filisurer Stübli als letzter Wagen am Regelzug angehängt. Dabei ist, wer ein gültiges Zugbillett hat. Für das leibliche Wohl sorgen warme und kalte alkoholische und nichtalkoholische Getränke sowie eine Auswahl an Köstlichkeiten für den kleinen Hunger. Der Après-Ski-Wagen verkehrt bis Ende März, ausser am Wochenende vom 11./12. März (Ausfall wegen Engadin Skimarathon). Der Platz im Après-Ski-Wagen ist beschränkt. Reservationen sind nicht möglich. Es besteht eine Konsumationspflicht.
Die GoldenPass Line lässt einem ein ganzes Stück Schweiz erkunden. Die Strecke führt von der Zentralschweiz in das charmante, französisch angehauchte Montreux. Es ist eine wunderbare Panoramafahrt zwischen zwei verschiedenen Welten. Der Traum ist alt, mehr als hundert Jahre – am 11. Dezember 2022 wird er Wirklichkeit. Dann fährt zum ersten Mal ein Zug im offiziellen Betrieb durchgehend von Montreux nach Interlaken. Die Idee, den Genfer- und Thunersee und damit drei Wirtschaftszentren zu verbinden, reicht bis ins Jahr 1873 zurück. Fast 150 Jahre sollte es dauern, bis der Traum der Eisenbahnpioniere in Erfüllung gehen würde – jetzt ist es so weit. Eisenbahn- und Technik-Begeisterte erkennen hinter dieser Sensation die technologische Meisterleistung, die weltweit einmalig ist: Differenzen in der Spurweite der Gleise zu überwinden.
Reisende geniessen den Komfort, während der rund dreistündigen Fahrt ohne Umstiege bequem im weichen Fauteuil sitzenbleiben zu können. Dabei erleben sie die Schweiz in ihrer ganzen Schönheit hautnah: Vom mediterran angehauchten Genfersee kommend, gelangt man in die Berge, von den Palmen der Waadtländer Riviera zum Gipfelschnee des Berner Oberlands, aus der romanischen, französisch inspirierten Schweiz in den deutschsprachigen Teil und taucht ein in die Faszination eines Landes voller lebendiger Kontraste.
Corinne Remund
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