Publiziert am: 17.02.2023

Auf der Zielgeraden

BVG-REFORM – Der bisherige Weg der BVG-Reform war ein steiniger. Nun naht das Ziel. Vor dem Einlauf gilt es allerdings noch schwierige Hindernisse zu überwinden.

Diesen März wollen die eidgenössischen Räte die BVG-Reform zu Ende beraten. So sehen es zumindest die Ratsbüros vor. Zuerst ist der Nationalrat am Zug, dann der Ständerat. Im Rahmen der Differenzbereinigung könnte die Vorlage mehrmals den Rat wechseln. Ja, selbst eine Einigungskonferenz ist nicht ausgeschlossen. Am 17. März sollten dann die Schlussabstimmungen stattfinden.

Obwohl es zur Zeit noch erhebliche Differenzen zwischen den beiden Räten gibt, kann der ambitionierte Fahrplan durchaus aufgehen. Denn der Nationalrat will sich offenbar stark dem Ständerat annähern. So sieht es zumindest die vorberatende Kommission vor. Einzig beim Koordinationsabzug will sie an der Lösung der grossen Kammer festhalten. Das wäre gut und wichtig für die KMU-Wirtschaft.

Jeder ausbezahlte Franken zählt

Jede Senkung des Koordinationsabzugs führt im Niedriglohnbereich und bei den Teilzeitbeschäftigten zu überproportional hohen Mehrkosten. Und das können sich die wenigsten der betroffenen Betriebe, die meist mit sehr tiefen Margen auskommen müssen, leisten. Und die tangierten Arbeitnehmenden können sich höhere Lohnabzüge erst recht nicht leisten, sind sie doch angesichts ihres tiefen Einkommens auf jeden ausbezahlten Franken angewiesen.

Anpassungen beim Koordinationsabzug dürften daher nur schrittweise vorgenommen werden. Die Fassung Nationalrat, die eine Senkung auf 12 548 Franken vorsieht, ist das Äusserste, was aus sgv-Sicht gerade noch verkraftbar ist. Korrigiert man stärker, ist mit zusätzlichem Widerstand gegen die BVG-Reform zu rechnen. Und das aus verschiedenen Lagern: vom Gewerbe, von der Landwirtschaft, aber auch von vielen Erwerbstätigen, die höhere Lohnabzüge ablehnen.

Richtungsänderung überdenken

Gut ist, dass man im Nationalrat nun offensichtlich darauf verzichten will, den Sparbeginn um fünf Jahre nach vorne zu verschieben. Das hätte ansonsten jährliche Mehrkosten von 800 Millionen Franken zur Folge. Das Fuder würde definitiv überladen. Positiv ist auch, dass die Eintrittsschwelle ins BVG moderater gesenkt werden soll. Schlecht ist hingegen, dass der Nationalrat bei den Massnahmen zugunsten der Übergangsgeneration auf die Lösung der kleinen Kammer einschwenken will. Diese Richtungsänderung sollte nochmals gründlich überdacht werden. Denn die Lösung des Ständerats führt hier zu teuren Überkompensationen – und damit zu unnötigen Kostensteigerungen.

Hitzige Diskussionen

Die Beratung der BVG-Reform wird im Parlament sicher noch zu einigen hitzigen Diskussionen führen. Das ist auch gut so, geht es doch um sehr viel Geld und um richtungsweisende Korrekturen im System der zweiten Säule. Die Chancen stehen aber recht gut, dass die Räte in der Märzsession einen gemeinsamen Nenner finden und die Vorlage zu Ende beraten können.

Krawall- statt lösungsorientiert

Ob die BVG-Reform allerdings je einmal in Kraft treten kann, ist ungewiss. Denn die Gewerkschaften und die Linken arbeiten einmal mehr krawall- statt lösungsorientiert. So haben sie bereits vor Abschluss der parlamentarischen Arbeiten beschlossen, das Referendum zu ergreifen.

Der Abstimmungskampf dürfte kein leichter werden. Die Vorzüge der Reform sind nicht ganz einfach zu vermitteln. Und Gewerkschaften und die Linke werden wohl massiv auffahren. Nach dem verlorenen Urnengang über die AHV 21 werden sie sich in einem ihrer Kerndossiers wohl kaum eine zweite Abstimmungsschlappe leisten können.

Bedenken ernst nehmen

Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage ist es wichtig, dass sich auch das Gewerbe und die Landwirtschaft zur Reform bekennen können. Ob das der Fall sein wird, hängt stark von den verursachten Mehrkosten und damit speziell auch von der künftigen Höhe des Koordinationsabzugs ab. Die Räte tun gut daran, hier sehr vorsichtig zu agieren und die Bedenken des Niedriglohnsektors ernst zu nehmen. Denn ein Zangenangriff oder auch nur das Abseitsstehen wichtiger Kampagnenorganisationen dürfe wohl das definitive Aus der BVG-Reform bedeuten.

Kurt Gfeller, Vizedirektor sgv

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