Publiziert am: 17.06.2022

Der angekündigte Ausstieg

ENDE DES VERBRENNERS? – Zumindest in Europa mehren sich die Anzeichen für ein absehbares Ende der Benzin- und Dieselmotoren. Immer mehr Autohersteller haben sich ein Ausstiegsdatum gesetzt, einige Länder haben bereits Verbote beschlossen. Die Schweiz hält sich damit noch zurück.

Bereits der als erstes Automobil geltende Benz Patent-Motorwagen von 1886 war mit einem Verbrennungsmotor ausgestattet – und seither hat sich scheinbar nicht mehr viel getan. Das ist natürlich nicht richtig, denn an der Technik des Otto- und des Dieselmotors hat sich über die Jahre enorm viel verändert. Das Prinzip aber ist geblieben: Fossiler Treibstoff wird verbrannt, um die Kolben und damit letztlich das Auto anzutreiben. Doch damit könnte bald Schluss sein.

Bestrebungen, den Verbrennungsmotor durch eine saubere Alternative zu ersetzen, laufen seit Jahrzehnten. Damit aber Politik und Industrie den Wandel einleiteten, brauchte es Auslöser. Ausgerechnet der Volkswagen-Konzern, der damals grösste Autohersteller der Welt, steuerte mit seinem 2015 aufgeflogenen Abgas-Betrug ungewollt den entscheidenden Impuls bei: Aufgrund des Dieselskandals wurden wesentlich strengere Abgasvorschriften erlassen, die die Autohersteller faktisch zur Elektrifizierung zwingen.

Druck von allen Seiten

Die frühestens ab 2025 geltende Abgasnorm Euro 7 könnte bei der Zulassung von neuen Modellen das Aus für den Verbrennungsmotor durch die Hintertür bedeuten – das zumindest befürchtet der deutsche Branchenverband VDA. Noch sind die Grenzwerte genauso wenig festgezurrt wie die Daten des Inkrafttretens, doch klar scheint, dass die Emissionsgrenzen bei Stickoxid und Kohlenmonoxid für Verbrennungsmotoren nur noch mit enormem technischem Aufwand einzuhalten sein werden, wenn überhaupt.

Weil sie nicht nur auf dem Prüfstand oder im Alltagsverkehr gelten sollen, sondern auch in seltenen Fahrsituationen, etwa beim Fahren mit Anhänger am Berg, wird auch die Zulassung von elektrifizierten Antrieben wie Plug-in-Hybriden erschwert. Verbrenner dürften so für die Autohersteller sehr bald unwirtschaftlich werden.

Hinzu kommt der Druck durch die CO2-Grenzwerte in Europa. Die Autohersteller müssen in den kommenden Jahren zunehmend ehrgeizige Vorgaben erfüllen, was den Gesamtausstoss der Neuwagenflotte angeht. In der EU und auch in der Schweiz gilt aktuell und voraussichtlich bis 2024 ein Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer. Zu erreichen sind die Vorgaben nur mit einem hohen Anteil an Elektroautos – wer den Zielwert überschreitet, bezahlt hohe Bussen. Wer in Europa Neuwagen verkaufen will, kommt an den Stromern daher kaum vorbei.

Politische Verbote

Ein weiterer Faktor sind politische Verbote. Norwegen hat vorgelegt und lässt ab 2025 keine neuen Modelle mit Verbrennungsmotor mehr zu. Weitere Länder wie Dänemark, Irland, Israel, die Niederlande, Österreich, Schweden und Slowenien wollen das ab 2030 tun, Spanien und Frankreich haben 2040 als Deadline angekündigt, in Deutschland gilt zurzeit noch 2050 als Ausstiegsdatum.

Die Schweiz hält sich mit einem Verbot noch zurück, doch es sind verschiedene Bestrebungen dafür im Gange: Die Grünen fordern einen Verkaufsstopp für Autos mit Verbrennungsmotor ab 2025, der Elektromobilitätsverband Swiss eMobility will ein Aus ab 2035. Abgesehen von Verkaufsstopps sind auch lokale Fahrverbote für Verbrenner in Planung, etwa in Paris, Rom und Amsterdam.

Ehrgeizige Deadlines

Viele Autohersteller haben aus der Not eine Tugend gemacht. Die Zwangslage wird zur Chance deklariert, die PR-Abteilungen laufen auf Hochtouren. Kaum eine Marke, die inzwischen nicht ehrgeizige Ziele zum Ausstieg aus der Verbrennungstechnologie kommuniziert hat – natürlich stets zum Wohle der Menschheit, und nicht etwa aus wirtschaftlichen Gründen. Und so scheint der Verbrennungsmotor in Europa schneller aufs Abstellgleis zu geraten als gedacht. Als erste Marke hat Smart den Wandel zur E-Mobilität bereits vollzogen. Jaguar will bereits ab 2025 nur noch Modelle mit reinem E-Antrieb verkaufen. Ford hat den Ausstieg aus Benziner- und Diesel-Technologie in Europa für 2030 terminiert, genauso wie Volvo, Renault und Nissan.

Die zum Stellantis-Konzern gehörenden Marken DS (ab 2024), Lancia (ab 2026), Fiat (ab 2027), Opel (ab 2028) und Peugeot (ab 2030) haben ebenfalls konkrete Termine für den Ausstieg genannt. Der Volkswagen-Konzern hat zwar die Ankündigung, die letzte Plattform für Verbrennungsmotoren 2026 auf den Markt zu bringen, in der Zwischenzeit wieder zurückgenommen, doch immerhin haben die Marken Audi (ab 2033), Bentley (ab 2030), Cupra (ab 2030) und VW (ab 2035) ein Ausstiegsdatum festgelegt. Sogar der US-Hersteller General Motors will bis 2035 komplett auf E-Mobilität umsteigen.

Dave Schneider

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