Publiziert am: 02.09.2022

Die Meinung

Einfachheit des Handelns

Wenn uns die Covid-Krise eins gelehrt hat, dann dies: Krisen entwickeln sich rasch, und sie sind in ihrer Entwicklung kaum vorhersehbar. Ein erfolgreiches Krisenmanagement muss diesem Umstand Rechnung tragen und insbesondere auch frühzeitig alle betroffenen Stakeholder miteinbeziehen. Und: Brauchbare Lösungen müssen – gerade im Hinblick auf die exorbitant explodierenden Strommarktpreise – dem Prinzip «Einfachheit des Handelns» entsprechen.

Beginnen wir bei den Unternehmen. Exemplarisch der Fall einer Druckerei. Angesichts der Produktionsprozesse liegt der jährliche Stromverbrauch bei 541 000 kWh. Ermuntert vom Stromlieferanten, entschied die Geschäftsleitung seinerzeit, in den liberalisierten Strommarkt einzutreten. Das böse Erwachen kam dieser Tage. Betrugen die Stromkosten bisher knapp 100 000 Franken, liegen die Offerten nun bei einer knappen halben Million Franken – oder einem Plus von über 500 Prozent.

Keineswegs ein Einzelbeispiel: Der Unternehmer hält denn auch klar und deutlich fest, dass eine solche Steigerung der Energiekosten ohne drastische Massnahmen im Betrieb schlichtweg nicht tragbar ist. Konkret: Die Druckerei ist von Kurzarbeit und im schlimmsten Fall gar von einer Schliessung bedroht.

Was kann die Politik tun? Gefragt ist in erster Linie der Bundesrat. Der Schweizerische Gewerbeverband hat schon früh den Einbezug der Wirtschaft in die Diskussion über mögliche Lösungen gefordert. Mit Befriedigung stellen wir heute fest, dass der Bundesrat – schon für den kommenden Montag – die Stakeholder zu einem runden Tisch zu dieser Problematik einlädt und damit unserem Anliegen entspricht.

Doch damit ist es nicht getan. Unter Berücksichtigung des Prinzips «Einfachheit des Handelns» sind Lösungen gefragt, die die angespannte Situation in den Betrieben rasch und wirkungsvoll zu entschärfen helfen.

Der sgv fordert verhältnismässige Massnahmen im Management einer Strommangellage. Das bedeutet aus Sicht der Wertschöpfung konkret, dass den Unternehmen ohne Staatsinterventionismus Instrumente gegeben werden, um mit dieser Lage umzugehen. Deshalb verlangt der sgv, dass Unternehmen im «freien Strommarkt» zurück in die Grundversorgung optieren können. Sowohl Stromversorgungsgesetz als auch die dazu gehörende Verordnung erlauben dies grundsätzlich. Es ist die Bundesverwaltung, die eigenmächtig den Grundsatz eines «Einmalentscheides» ausgerufen hat.

Es gilt zu beachten, dass die Stromkonsumenten, also die Unternehmen, im sogenannt freien Markt einem Oligopol gegenüberstehen. Ihre Möglichkeit, von Wettbewerb zu profitieren, ist markant eingeschränkt. Nur die Möglichkeit, in die Grundversorgung zurückzukehren, verschafft ihnen als Stromkunden echte Marktmacht gegenüber den Stromanbietern.

Mit diesem Vorschlag wendet sich der sgv, seiner ordnungspolitischen Strategie folgend, einmal mehr gegen schädlichen Staats­inter­ventionismus. Weder eine Deckelung der Strompreise noch eine Kreditunterstützung nach dem Vorbild der Covid-Krise sind geeignet, den Weg zu weisen. Beide Massnahmen würden unmittelbar zum politischen Zankapfel par exellence – mit nicht absehbarer Kostenfolge.

Bei nüchterner Betrachtung ist heute festzustellen, dass die Energiestrategie 2050 gescheitert ist. Die Forderung des sgv will die Preisfolgen dieses Politikversagens korrigieren. Wesentlich dabei: Unökonomische Eingriffe in die individuellen Preise werden vermieden. Wesentlich ist zudem, dass man mit Entschlossenheit Stromproduktionskapazitäten ausbaut.

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