Publiziert am: 01.07.2022

Es braucht weder CO2-Gesetz noch Initiative

GLETSCHERINITIATIVE – Die Energiestrategie 2050 ist am Scheitern. Ein modernes CO2-Gesetz gibt es nicht. Und trotzdem nimmt man die Gletscherinitiative ernst? Das wäre Realitätsverweigerung.

Die Gletscherinitiative will die Schweiz frei von fossilen Energieträgern machen. Bis zum Jahr 2050 soll das Land gar netto null Treibhausgase emittieren. Die Politik ist darauf eingetreten. Das absolute Technologieverbot der Gletscherinitiative will sie nicht übernehmen. Doch das Netto-Null-Ziel bis 2050 will sie wohl.

Der Nationalrat hat nämlich entschieden, der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Die neblige Vorlage, die verabschiedet wurde, ist mehr als nur fragwürdig. Sie setzt ein Netto-Null-Ziel für 2050, also für einen Zeitpunkt, an dem alle das Ziel beschliessende Politiker nicht mehr in Verantwortungspositionen sein werden.

Kein Wort zum Wie

Und dann sagt die Vorlage nichts darüber, wie das Ziel zu erfüllen ist. Und selbstverständlich gab es keine Diskussion über die Kosten der Vorlage – geschweige denn über persönliches Eigentum, Wirtschaftsfreiheit oder Verhältnismässigkeit.

Der Gegenentwurf zur Gletscherinitiative ist reine Realitätsverweigerung. Er verkennt die viel dringlicheren Probleme, die anstehen:

• Die Energiestrategie 2050 war ein ähnlich ambitiöses Mehrgenerationenprojekt. Schon fünf Jahre nach ihrer Inkraftsetzung ist sie dabei, zu scheitern. Die Schweiz steuert in eine Strommangellage, weil nicht einmal die kurzfristigsten Ziele der Strategie umgesetzt wurden. Der Ausbau von Stromproduktionskapazitäten stockt, Grosskraftwerke scheinen nun ausgeschlossen.

• Die Schweiz steht derzeit ohne ein modernes, an das Übereinkommen von Paris ausgerichtetes CO2-Gesetz da. Nachdem die Politik das Gesetz überfrachtet hatte, versenkte das Volk die wuchernde Vorlage. Das bedeutet, die Schweiz braucht ein Gesetz mit einem Emissionsreduktions-Ziel für das Jahr 2030. Statt also die Strategie für die super lange Frist zu machen, was nicht die Aufgabe eines Parlaments ist, sollten sich die Räte auf die Schaffung von verlässlichen Rahmenbedingen für die Zukunft, die sie verantworten können, konzentrieren.

• Das Problem der Netto-Null-Zielsetzung ist, dass man hier eine staatliche Technologieplanung akzeptiert. Man schaltet den Wettbewerb aus; man meint, das, was man heute wisse, gelte auch in 25 Jahren. Man lässt der Wirtschaft keine Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeit. Zum Vergleich: Noch vor wenigen Jahren hat sich die Schweiz bewusst gegen Netto-Null-Technologien entschieden. CO2-Abscheidung wurde trotz verschiedenen Vorschlägen nicht als Schweizer Klimainstrument aufgenommen. Heute gelten diese Technologien als wünschenswert. Was wird noch alles bis zum Jahr 2050 geschehen?

Die Gletscherinitiative und ihr Gegenvorschlag verkennen also nicht nur die Realität. Sie fokussieren auf das Falsche. Angesichts der Strommangellage ist der Ausbau der Produktionskapazitäten für elektrischen Strom viel dringender – und für die Dekarbonisierung essenzieller. Sc

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