Publiziert am: 18.05.2018

Interessen der KMU nicht unnötig verpolitisieren

Trotz aller Differenzen von links bis rechts in der Schweizer Politik: Es gibt Haltungen, die breite Unterstützung in allen Parteien finden. Böse Zungen behaupten beispielsweise, dass das Glaubensbekenntnis zum dualen Berufs­bildungs­system in der Schweiz wohl verbreiteter ist als der regelmässige Kirchen­besuch – gewissermassen eine Zivilreligion. Die Unterstützung der KMU ist eine zweite solche Grundhaltung. Weit verbreitet, auch bei den Grünen. Ich erinnere mich: Als ich vor 20 Jahren in den Zürcher Gemeinderat gewählt wurde, war die Mehrheit der Grünen Fraktion KMU-Unternehmer. Auch ich. Und wir waren stolz darauf – zu Recht. Denn Innovation, Flexibilität, aber auch Nähe zum Kunden, und nicht zuletzt eine im direkten Austausch und manchmal auch im Konflikt mit den Mitarbeitenden gelebte Sozialpartnerschaft sind gelebte Werte der KMU.

Eine gute Regel für Politiker ist: Man soll dem politischen Gegner keine Ratschläge geben. Wenn ich nun dem Schweizerischen Gewerbeverband sgv aus grüner Sicht doch eine Empfehlung mit auf den Weg gebe, dann deshalb, weil er aus meiner Sicht kein zwingender Gegner der Grünen sein dürfte. Im Gegenteil: Eine lokale Wirtschaft, die auf Qualität statt Massenproduktion setzt, das ist auch grün. Innovative KMU, die wissen, dass sie als «First Mover» bei Umwelttechnologien einen Vorteil für sich und die kommenden Generationen schaffen, das ist auch grün.

«Man soll dem politischen gegner keine Ratschläge geben.»
Balthasar Glättli*

In dem Sinne wünsche ich dem sgv die Weisheit, sich für die realen Interessen der KMU einzusetzen. Und dabei auch hinzuhorchen, wo tatsächlich der Schuh drückt. Wenn der sgv dagegen – wie leider öfter in den letzten Monaten – zur rechtsbürgerlichen Kampagnenorganisation wird, dann stört mich das. Dies ist, nicht weil ich auf der Gegenseite bin und starke Gegner fürchte, sondern weil ich als Grüner viele erfolgreiche KMU mit sozialem und ökologischem Bewusstsein kenne, deren Anliegen es verdient hätten, beim Gewerbeverband auch ein Ohr zu finden.

*Balthasar Glättli ist seit 2011 Zürcher Nationalrat der 
Grünen und präsidiert seit 2013 die grüne Fraktion im Bundeshaus.

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