Publiziert am: 08.04.2022

Sanierung muss sein

AHV-REVISION – Die Löcher, die sich in der AHV-Kasse zu öffnen beginnen, sind furchterregend. Wer rasche Kor­rek­turen verweigert, handelt ver­ant­wortungslos.

«Prognosen sind schwierig – vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.» Dieses geflügelte Wort, das Karl Valentin zugeschrieben wird, gilt speziell auch für die AHV. So kann beispielsweise ein unerwarteter Beschäftigungseinbruch dazu führen, dass die Einnahmen aus den Lohnbeiträgen um einige hundert Millionen Franken tiefer ausfallen, was einen erwarteten Ertragsüberschuss rasch in ein Minus verwandeln kann.

Besonders schwierig zu prognostizieren sind die Anlageerträge. Und die fallen bei der AHV mit einem Kapitalstock von fast fünfzig Milliarden Franken ins Gewicht. So hat das BSV noch im vergangenen Dezember Prognosen veröffentlicht, die fürs 2021 mit Kapitalerträgen von 774 Millionen Franken rechneten. Dank eines ausgesprochen erfreulichen Anlagejahres dürften die effektiven Kapitalerträge rund zwei Milliarden Franken betragen haben. Das lässt die AHV-Rechnung natürlich kurzfristig deutlich besser aussehen.

Langfristiger Trend ist eindeutig

Ist die AHV-Revision, über die wir am 25. September abstimmen werden, damit obsolet geworden? Sind die prognostizierten Defizite reine Schwarzmalerei der Verwaltung und der bürgerlichen Politiker und lösen sich die Finanzierungsprobleme der AHV von selbst? Mitnichten! Kurzfristig gab es immer schon kleinere oder grössere Abweichungen von den prognostizierten AHV-Abschlüssen, und das wird so bleiben. Der langfristige Trend ist aber eindeutig. Und er zwingt uns, rasch zu handeln. Wer das negiert und Reformen verweigert, handelt fahrlässig und setzt die Sicherheit unseres wichtigsten Sozialwerks leichtfertig aufs Spiel.

Gemäss BSV-Prognosen von Mitte Dezember 2021 müssen wir in drei Jahren mit negativen Betriebsergebnissen in dreistelliger Millionenhöhe rechnen. Je nach kurzfristigen Entwicklungen können sich diese Defizite auch noch in einen kleinen Überschuss verwandeln. Für 2028 wird dann bereits mit einem negativen Betriebsergebnis in der Höhe von 3,3 Milliarden Franken gerechnet. Und da steht fest: Dieser Ausgabenüberschuss wird sich mit Sicherheit nicht mehr in einen Gewinn verwandeln. Bei idealem Verlauf kann sich das prognostizierte Defizit allenfalls auf 2 Milliarden Franken verringern. Es können aber genauso gut fünf Milliarden oder noch mehr werden.

Gigantische Finanzierungslücke

Nach 2028 werden die Defizite weiter anwachsen. Und zwar exponentiell. Das wird zur Folge haben, dass bis etwa im Jahre 2036 der ganze Kapitalstock der AHV, der sich aktuell noch auf knapp 50 Milliarden Franken beläuft, restlos aufgebraucht sein wird. Wie gesagt: Prognosen treffen nie genau zu. Eventuell reichen die AHV-Mittel bis 2038, eventuell aber auch nur bis 2034.

Erschreckend! Doch die ganze Wahrheit sieht leider noch viel desaströser aus. Die UBS hat in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg im Breisgau jüngst errechnet, dass die gemäss geltendem Recht abgegebenen AHV-Rentenversprechen die künftigen Einnahmen um 900 Milliarden Franken übersteigen werden. Diese Finanzierungslücke entspricht circa 126 Prozent des aktuellen Bruttoinlandprodukts oder dem achtzehnfachen Betrag der aktuellen jährlichen AHV-Einnahmen.

Ein dringender Sanierungsfall

All diese Zahlen zeigen deutlich: Die AHV ist ein dringender Sanierungsfall. Mit der AHV 21 steht ein erster Sanierungsschritt an, mit dem das Betriebsergebnis der AHV um gut zwei Milliarden Franken pro Jahr aufgebessert werden soll. Das reicht aus, um die AHV-Finanzen bis etwa im Jahre 2030 im Lot zu halten. Danach braucht es weitere, noch griffigere Reformen. Die AHV 21 ist wichtig und unumgänglich. Aber eben auch unzureichend, weil sie die Finanzierungslücke der AHV von 900 Milliarden «bloss» auf 650 Milliarden Franken reduziert.

Unsere Rentner sind uns lieb und wichtig. Daher müssen wir die AHV-Finanzen dringend sanieren und die künftigen Renten sichern. Aber auch unsere Jugend muss uns wichtig sein. Ihr dürften wir keine hoch defizitären Sozialwerke und keine ungedeckten AHV-Schecks in schwindelerregender Höhe hinterlassen. Ein Ja zur AHV 21 ist unumgänglich.

Kurt Gfeller,

Vizedirektor sgv

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