Der Donnerstagnachmittag in Klosters war dem Thema «Energie, CO2-Reduktion und Kosten» gewidmet. In seinem Impulsreferat zu Nuklearinnovationen und deren Beitrag zur Energieversorgung kam Wilfried Hahn zum Schluss, dass die Energiewende mit Blick auf Deutschland gescheitert ist. «Wind- und Solarenergie werden nicht glaubwürdig in der Lage sein, den Wegfall der fossilen Energien bis 2050 zu kompensieren.» Der Klimawandel sei ein reales Problem. Der Energiebedarf werde weltweit jedoch weiter ansteigen.
Für den Wirtschaftsingenieur ist deshalb klar, dass die Kernenergie in der nahen Zukunft notwendig sein und bleiben wird. «Sie ist perfekt für die Grundlast und konstanten hohen Bedarf besonders für die Industrie und die Wirtschaft.» Grosse Hoffnung setzt er auf einen kleinmodularen Thorium-Flüssigsalzreaktor, wie ihn das dänische Unternehmen Copenhagen Atomics entwickelt, bei dem Hahn im Verwaltungsrat sitzt. «Eine CO2-freie Energiewende wäre zu einem Bruchteil der Kosten möglich.»
Test im Paul Scherrer Institut
Diese Technologie sei sehr sicher und besteche durch viele Vorteile: «Die Menge an Atommüll ist um den Faktor 366 geringer, und die Abfallprodukte sind massiv schneller abgeklungen.» Thorium sei weltweit verfügbar, und die Vorräte reichten für Tausende von Jahren. Ausserdem sei das Material militärisch uninteressant. «Es besteht kein Proliferationsrisiko.» Und: Eine Kugel Thorium, die in einer Hand Platz finde, liefere die gesamte Energie, die ein Mensch in seinem Leben brauche. «Das entspricht etwa 1000 Eisenbahnwaggons voll Kohle.»
Die technischen Probleme dieses neuartigen Reaktors seien zu 95 Prozent gelöst. In etwa zwei Jahren soll er im Paul Scherrer Institut (PSI) in Würenlingen/AG getestet werden. «Die Schweiz ist verlässlich», konstatierte Hahn. In den 2030er-Jahren ist die Serienproduktion geplant. Bis dahin bleiben noch Herausforderungen. Derzeit befinde sich das Unternehmen in der zweiten Finanzierungsrunde. «Wir brauchen Investoren.» Eine Hürde stellten auch die Lizenzierungsbehörden dar. «Es ist schwierig, sie zu überzeugen.»
Von der Wirtschaft für die Wirtschaft
Rudolf Minsch blies ins selbe Horn: «Wie wenden wir die Energiewende?», fragte er zu Beginn seines Impulsreferats. Dieses handelte von «Lösungen von der Wirtschaft für die Wirtschaft», also dem Konzept der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW), welche Minsch präsidiert und die von den Wirtschaftsverbänden gegründet worden ist. Um CO2 einzusparen, vereinbaren die Unternehmen mit diesem Verein einen Zielpfad mit Massnahmen über eine Periode von zehn Jahren. Werden die Ziele erreicht, erhalten die Firmen die CO2-Abgabe rückerstattet. Diese sei in der Schweiz mit 120 Franken pro Tonne weltweit am höchsten, erklärte Minsch. Er untermauerte den Erfolg der EnAW mit eindrücklichen Zahlen. Bis heute haben gut 4700 Unternehmen eine Vereinbarung unterzeichnet. Die Ziele wurden übererfüllt.
Dennoch sei nicht alles in Butter, so der Chefökonom von economiesuisse. «Das Korsett seitens Bund wird immer enger. Wir beobachten eine schleichende Verstaatlichung, und im Energie- und Umweltbereich gibt es immer mehr Regulierungen.» Es sei gar schwierig geworden, den Überblick über alle Förderprogramme zu behalten. Auch diesbezüglich würden die über 120 Berater der EnAW helfen.
KMU als «Jammeri»?
Im anschliessenden Panel zur Frage «Erneuerbare – und sonst nichts?» diskutierten Peter Richner, Stellvertretender Direktor der EMPA, Priska Wismer-Felder, Nationalrätin Mitte und Co-Präsidentin aeesuisse (Dachverband der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz), Benjamin Schmid, Geschäftsführer Ziegelindustrie Schweiz, sowie Patrick Dümmler, Ressortleiter beim Schweizerischen Gewerbeverband sgv.
Wismer-Felder zeigte sich erstaunt über die «negativen Töne», die von den Vorrednern teils angeschlagen worden seien, und bezeichnete die KMU indirekt als «Jammeri». «Schlechtreden von Technologien bringt nichts.» Es brauche Fortschritte bei der Energiewende, jedoch keinesfalls die von Minsch vorgeschlagene Wende von der Wende. «Technische Lösungen gibt es. Nur der Wille ist noch nicht vorhanden.»
Richner plädierte dafür, den Subventionsdschungel zu roden. «Richtige Lösungen setzen sich am Markt durch.» Schmid, der eine energieintensive Branche vertritt, sprach sich für Technologieoffenheit aus. «Damit stabile Energie vorhanden ist, müssen wir im Mittelland wohl neue Kern- oder Gas-Kombikraftwerke bauen.» Dümmler warnte vor der Überregulierung. «Deutschland hat es überzogen. Wir in der Schweiz müssen auf den Markt und die Wirtschaft vertrauen.»hug
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