Publiziert am: 20.03.2020

Das müssen Sie jetzt wissen

CORONA-KRISE – Mit der raschen Ausbreitung des Coronavirus stellen sich für den Geschäftsalltag im Unternehmen Fragen in verschiedener Hinsicht. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat die wichtigsten Punkte für den Umgang mit dem Virus aus Sicht der Arbeitgeber zusammengestellt.

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Das Wichtigste zuerst: Der beste direkte Umgang mit dem Coronavirus ist die Prophylaxe. Die persönlichen Hygienemassnahmen – d. h. gründliches Händewaschen, aufs Händeschütteln verzichten, bei Fieber und Husten zu Hause bleiben und ins Taschentuch oder in die Armbeuge niesen – helfen mit, das Virus einzudämmen (vgl. Kasten).

Das sagt das Arbeitsrecht

DarĂĽber hinaus und aus Sicht der Unternehmen fast ebenso wichtig resp. von Bedeutung sind das Arbeitsrecht, das allgemeine Vertragsrecht, die Krankentaggeldversicherung und betriebliche Gesundheitsaspekte.

Aufgrund der Fürsorgepflicht (OR 328 Abs. 2) hat die Arbeitgeberin zumutbare Massnahmen zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu treffen. Darunter fällt auch die Selbstquarantäne, sollte eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus einem Risikogebiet (China, Iran, Norditalien, Südkorea) zurückgekehrt sein.

Gestützt auf das Weisungsrecht (OR 321d) kann die Arbeitgeberin Telearbeit oder Homeoffice anordnen. Die Arbeitnehmenden haben in diesem Fall eine solche Weisung zu befolgen. Möglich ist auch die Anordnung, dass Überstunden oder Überzeit kompensiert oder Ferien (OR 359c) bezogen werden müssen, wobei beim Zwangsferienbezug die Interessen des oder der Mitarbeitenden durch die Arbeitgeberin zu berücksichtigen sind. In diesen Fällen ist der volle Lohn geschuldet (OR 324 Abs. 1).

Bei Kompensation von Überstunden und Überzeit ist das Einverständnis des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin vorausgesetzt. Die Arbeitszeiten gelten grundsätzlich gemäss Gesetz. Die Arbeitgeberin kann grundsätzlich auch ein Ferienverbot anordnen, da sie den Zeitpunkt der Ferien bestimmen kann. Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin ist anzuhören und auf seine bzw. ihre Wünsche ist Rücksicht zu nehmen. Die Verschiebung von bereits vereinbarten Ferien ist aber nur aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt. Ein Zwang zum unbezahlten Urlaub ist nichtig. Denkbar sind ausserdem Betriebsferien, wobei diese frühzeitig (mindestens 14 Tage) im Voraus angekündigt werden müssen.

Lohnfortzahlungspflicht

Erkrankt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, trifft die Firma eine Lohnfortzahlungspflicht (OR 324 Abs. 1). Hat die Firma eine Krankentaggeldversicherung (KTG), greift diese nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Wartefrist (ĂĽblicherweise 30, 60 oder 90 Tage). VerfĂĽgt die Arbeitgeberin ĂĽber keine Krankentaggeldversicherung, richtet sich die Dauer der Lohnfortzahlung nach den bestehenden Skalen (Berner, Basler, ZĂĽrcher Skala). Verzichtet die Arbeitgeberin auf die Arbeitsleistung der Mitarbeitenden, ist der vereinbarte Lohn weiter zu entrichten.

Eine angeordnete Selbstquarantäne kann nicht über die KTG abgerechnet werden, wenn kein Krankheitsfall vorliegt. Das gleiche ist der Fall, wenn die zuständige Behörde gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. a des Epidemiegesetztes (EpiG) gegen eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter eine Quarantänemassnahme verfügen sollte.

Will die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb der Arbeit fernbleiben, besteht fĂĽr die Fehlzeit kein Lohnanspruch.

Ebenfalls in folgenden Fällen ist der Lohn (während beschränkter Zeit, OR 324a) geschuldet:

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin erkrankt in den Ferien und ist deshalb nicht reisefähig.

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin erkrankt in den Ferien am Coronavirus und ist deshalb nicht reisefähig.

• Der Betrieb muss aufgrund Lieferengpässen des Zulieferers eingestellt werden.

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin betreut ein am Coronavirus erkranktes Kind zu Hause (Art. 36 ArG).

• Die Arbeitgeberin schickt den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin vorsichtshalber nach Hause bzw. schliesst den Betrieb.

• Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber verweigert Schutzmassnahmen und die Anwendung von Hygienevorschriften.

• Schulen und Kindergärten werden behördlich geschlossen. Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin muss die Kinder betreuen (ZGB 276).

• Der Betrieb wird auf behördliche Anweisung geschlossen. Der Arbeitnehmer kann allerdings aufgrund seiner Treuepflicht dazu verpflichtet werden, die «verpassten» Arbeitszeiten nachzuholen.

In folgenden Fällen ist der Lohn nicht geschuldet:

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin kann nicht aus den Ferien zurückkehren, weil die am Ferienort zuständige Behörde die Ausreise nicht erlaubt bzw. die Grenze schliesst (höhere Gewalt).

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin ist eine ängstliche Person und verweigert die Arbeit aus Vorsicht, weil er bzw. sie angesteckt werden könnte (Arbeitsverweigerung).

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin kann nicht zur Arbeit erscheinen, weil der öffentliche Verkehr reduziert oder eingestellt wird (andere Verkehrsmittel nehmen). Kann die Arbeit aber von zu Hause erledigt werden (Telearbeit), ist der Lohn geschuldet.

• Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin schickt aus Angst sein Kind nicht in die Krippe, sondern betreut es zu Hause und muss deshalb der Arbeit fernbleiben.

• Der (ganze) Wohnort des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin wird unter Quarantäne gestellt.

So läuft’s mit der Kurzarbeit

Das SECO hat die Kantone angewiesen, Gesuche um Kurzarbeit bezüglich Covid-19 zu prüfen. Ordnet die zuständige Behörde eine Schliessung des Betriebes an oder verbietet sie den Zutritt zu bestimmten Gebäuden bzw. Arealen, ist zu prüfen, ob Kurzarbeitsentschädigung gefordert werden kann. Kurzarbeit ist vor allem auch von jenen Unternehmen zu prüfen, die aus Natur ihrer Geschäftstätigkeit keine Telearbeit anordnen können.

Weiter sind folgende Fälle zu prüfen:

• die Mitarbeitenden können ihre Arbeitszeit nicht einhalten, weil Transportbeschränkungen den Zugang zum Arbeitsort erschweren;

• notwendige Roh-/Betriebsstoffe sind infolge Einfuhr-/Ausfuhrverbot nicht verfügbar;

• Lieferschwierigkeiten von Roh- und Betriebsstoffen;

• Zusammenspiel verschiedener Faktoren, bedingt durch die Pandemie, die zu einer Einstellung der Betriebstätigkeiten führen;

• Arbeitszeitverkürzung auf behördliche Anordnung.

Keine Kurzarbeitsentschädigung kann beantragt werden, wenn Mitarbeitende aufgrund der Umstände (z. B. geschlossene Krippen) ihre Kinder zu Hause betreuen müssen.

Das allgemeine Vertragsrecht gemäss OR gilt. Das betrifft auch das Vertragsrecht und die Verpflichtung der Leistungserfüllung sowie das Mahnwesen, so lange es keinen Rechtsstillstand gibt.

Pandemiefall und unternehmerisches Risiko

Für den Fall, dass das Bundesamt für Gesundheit gemäss EpiG die Situation als besonders oder ausserordentlich (Art. 6 und 7 EpiG) einstuft, sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gehalten, weitere Schutzmassnahmen zu treffen und einen Pandemieplan auszuarbeiten. Der Pandemieplan ist auf der Website des BAG abrufbar und sollte von jedem Unternehmen rechtzeitig zur Kenntnis genommen und bei Bedarf umgesetzt werden. Weitere Informationen:

Ziel eines Pandemieplans ist, den Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherzustellen und gleichzeitig den Betrieb des Unternehmens sicherstellen zu können. Ein Pandemieplan umfasst z. B. die Schulung von Hygienemassnahmen, die Verwendung von Schutzkleidung bzw. Schutzmaterial soweit nötig, Massnahmen zur Hygienesteigerung (Desinfektion von Arbeitsplätzen, Verteilung von Desinfektionsmitteln), Massnahmen zur Organisation der Arbeitsplätze (z. B. Videokonferenzen und Virtualisierung von Sitzungen, statt Reisen etc.).

Betriebspandemiepläne sind branchenspezifisch und müssen entsprechend branchenspezifisch erarbeitet und umgesetzt werden. Pandemiepläne sind auch von Non-Profit-Organisationen zu erstellen, da die arbeitsrechtlichen Pflichten als Arbeitgeber und die organisatorischen Überlegungen für die betriebliche Vorsorge unabhängig davon gültig sind, ob es sich um einen gewinnorientierten oder einen andersartigen Betrieb handelt.

Sind Filialen im Ausland vorhanden, sollen diese ihre Pandemiepläne in eigener Regie und nach dem am Ort geltenden Recht anfertigen.

Die Arbeitgeberin ist verpflichtet, ihre Angestellten während der Arbeit angemessen zu schützen (ArGV3). Das kann durchaus beinhalten, dass der Betrieb Masken und ähnliche Schutzmaterialien zur Verfügung stellt. Es wird empfohlen, sich an die Empfehlungen des BAG zu halten (Fürsorgepflicht). Im Gegenzug ist die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer verpflichtet, über allfällige Krankheiten zu informieren (Treuepflicht).

Ein Impfzwang kann nicht verordnet werden. Die Unterstellung eines Betriebs unter die Quarantäne bzw. die Betriebsschliessung obliegt der Kompetenz des Kantonsarztes.

Das unternehmerische Risiko bleibt bestehen. Es gibt keine Entschädigung für Umsatzeinbruch und Einkommensausfall. Haftungsfragen in Pandemiefällen sind gemäss kantonalem Recht geregelt (Art. 71 EpiG). Der Kanton Zürich z. B. kennt keine entsprechende Pflicht zur Haftung. Hingegen gibt es die Insolvenzentschädigung, die bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers Lohnausfälle decken kann.

Umfassende Antworten auf weitere Fragestellungen finden sie unter:

www.sgv-usam.ch/corona

www.seco.admin.ch

vorsorge im betrieb

So verhalten Sie sich richtig

Innerhalb und ausserhalb der Firma sind folgende Verhaltensregeln angezeigt:

1. regelmässig Hände mit Wasser & Seife waschen;

2. Hände korrekt und regelmässig desinfizieren, vor allem nach dem Husten, Niesen oder Schnäuzen;

3. immer ein Papiertaschentuch verwenden oder in die Armbeuge husten und niesen;

4. EinwegtaschentĂĽcher verwenden und nach Gebrauch in geschlossenen Abfalleimern entsorgen;

5. Hände weg vom Gesicht; Mund, Nase oder Augen nicht berühren;

6. Händeschütteln vermeiden; zwei Meter Abstand halten zu anderen Personen;

7. wer Grippesymptome aufweist und sich krank fĂĽhlt, soll unbedingt zu Hause bleiben;

8. nur nach telefonischer Anmel-dung in Arztpraxis oder Notfallstation.

www.bag.admin.ch

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