Publiziert am: 19.10.2018

Schweizer Shrimps? Aber sicher!

SWISS SHRIMP AG – Nach langer Projektierungszeit ist es im Herbst 2018 so weit und aus einer Utopie wird Realität: Das Start-up in Rheinfelden kann seine Crevettenaufzucht in Betrieb nehmen. Die erste Shrimp-Farm in der Schweiz ist ein Musterbeispiel für Risikobereitschaft, Innovationskraft und Energieeffizienz.

Noch ist nicht angerichtet, aber der Tisch wird langsam gedeckt: Die Swiss Shrimp AG ist nach bald zehn Jahren in der Phase der Inbetriebnahme. «Die erste Halle ist bereits fertig gebaut und die acht Aufzuchtbecken können nach und nach in Betrieb genommen werden. Gemäss Plan können wir im Frühling 2019 ernten», sagt Rafael Waber, Mitinitiant und Geschäftsführer der Swiss Shrimp AG. Vor bald zehn Jahren ist die Geschäftsidee entstanden, im Binnenland Schweiz Meerestiere für den Verzehr aufzuzüchten, statt sie gefroren über Tausende Kilometer aus Thailand, Indonesien oder Vietnam einzuführen. Waber und die weiteren Initianten und Shrimps-Liebhaber Thomas Tschirren, Michael Siragusa und David Misteli haben bei den importierten Crevetten Genuss und gutes Gefühl vermisst. «Wir haben festgestellt, dass in der Schweiz eine lokale Aufzucht fehlt, und wollten dies ändern», so Waber.

Die Jungunternehmer informierten sich, wo in Europa solche Shrimps-Aufzuchten existierten und besichtigten Anlagen in Deutschland und Holland. «Dabei handelte es sich immer um eine geschlossene Salzwasser-Anlage. Wir adaptierten dieses Modell in die Schweiz», so Waber und er ergänzt: «Allerdings war dies sehr kostspielig und wir mussten Investoren finden.» Dafür fehlte den Jungunternehmern die Praxiserfahrung, weshalb sie im solothurnischen Luterbach eine Pilotanlage installierten. Der Pilotbetrieb von 2014 bis 2015 sei ein voller Erfolg gewesen, blickt Waber zurück. «Wir haben trainiert, Fehler gemacht, diese protokolliert und viel daraus gelernt. Nach einem halben Jahr konnten wir Swiss Shrimps – dick wie ein Daumen und lang wie ein Kugelschreiber – ernten.» Die positiven Reaktionen von Gastronomie und Handel auf die geernteten Swiss Shrimps aus den Versuchen zeigten die guten Marktchancen von Crevetten made in Switzerland auf. Die Investoren waren überzeugt, und mit 103 Aktionären sowie einem Bankdarlehen konnte das Projekt starten. Die Investitionskosten belaufen sich insgesamt auf rund 18 Millionen Franken. Die Swiss Shrimp AG steckte allein 8,8 Millionen Franken in den Mieterausbau.

«Unsere Shrimps sind garantiert antibiotikafrei.»

Gebaut wurde die 5000 m2 grosse Halle in Rheinfelden, direkt neben der Schweizer Salinen AG. «Wir können hier Synergien respektive einen Teil der Restwärme der Salzproduktion sinnvoll als Energieressource nutzen», so Waber. Die Standort-Partnerschaft ist auf Initiative der Schweizer Salinen AG zustande gekommen. Das Unternehmen finanziert auf seinen Landreserven die Halle mit zwei Räumen mit total 16 Aufzuchtbecken sowie Lager, Wasseraufbereitung, Büro, Labor und Verpackungsraum, während Swiss Shrimp das ganze mietet. Die Rheinfelder Anlage wird auf eine Jahreskapazität von zunächst rund 60 Tonnen ausgelegt werden, was einen Anteil von rund 15 Prozent des Schweizer Premium-Shrimps-Marktes entspricht. Bei einer positiven Geschäftsentwicklung besteht die Möglichkeit, auf dem Gelände die Produktionsräume und -anlagen auf eine Jahreskapazität von bis zu 150 Tonnen zu erweitern. «Bereits in der ersten Betriebsphase mit voraussichtlich bis zu zehn Mitarbeitenden wird es sich um eine der grössten Shrimps-Farmen Europas handeln», erklärt Waber. Den voraussichtlichen Jahresumsatz beziffert er auf vier bis fünf Millionen Franken.

Nichts dem Zufall ĂĽberlassen

Die Swiss Shrimps werden in einer ökologischen Aquakultur aufge­zogen, bei der das Prozesswasser nach biologischer Reinigung mithilfe von Bakterien wieder in den Kreislauf zurückgeführt wird. «Unsere Shrimps sind garantiert antibiotikafrei», betont Waber und doppelt nach: «Anders als in grossen Shrimps-Farmen unter freiem Himmel besteht in geschlossenen Anlagen ein geringeres Erkrankungsrisiko, da die Becken kaum anfällig für direkte Umwelteinflüsse und damit für Verschmutzungen sind.» Das Wasser wird stündlich gereinigt. «Die Wasserqualität ist entscheidend, wir analysieren täglich das Wasser», sagt Waber.

«Unsere Kunden sollen wissen, worauf sie sich beim Produkt und bei der Firma dahinter einlassen.»

In den Hallen herrscht mit 28 bis 30 Grad ein tropisches Klima. Ein wichtiger Aspekt ist aber auch das Futter für die Larven, die je nach Verfügbarkeit aus Europa oder den USA stammen und innerhalb von sechs Monaten zu erwachsenen Tieren heranreifen. Die Jungunternehmer wollen für ihre Premium-Shrimps nur das Beste vom Besten und setzen so auf ein Biofutter, das sich aus Fischmehl, Schlachtabfällen, Weizen- und Sojabohnenmehl zusammensetzt. Dazu Waber: «Unsere Shrimps sollen die besten auf dem Schweizer Markt sein. Garantiert fangfrisch mit blaugrau-transparenter Schale, intensivem Geschmack nach Meerwasser, leicht nussig und fest im Biss.»

Waber und seine Partner scheinen nichts dem Zufall zu überlassen. Jeder Schritt ist durchdacht und durchexerziert, alles hat Hand und Fuss. So haben sie auch eine klare Vorstellung, was es bedarf, damit ihre Shrimps fangfrisch auf den Tisch kommen. «Wir ernten kontinuierlich kleine Mengen. Die Transportwege müssen kurz sein und verpackt wird unter Schutzatmosphäre», so Waber. Geerntet wird erst, wenn die Bestellung online eingetroffen ist. «Wer am Mittag bestellt, hat am Folgetag fangfrische Shrimps auf dem Teller», sagt Waber. Entsprechend haben die Shrimps ihren Preis und werden in exklusiven Fisch- und Meeresfrüchtetheken im Detailhandel sowie via Fach- und Comestible-Handel vertrieben. Auch eine Direktvermarktung ist bereits in Planung. Dabei werden die online bestellten Crevetten mittels gekühlter Mehrwegbox direkt nach Hause geliefert. Wer mag, kann nach Onlinevorbestellung auch direkt ab Farm seine Shrimps holen.

Das Medienecho, aber auch das Feedback der Gemeinde und Umgebung auf das ambitionierte Projekt ist gross und durchwegs positiv. Dies zeigen eindrücklich die zahlreichen Preise, die das Start-up bis jetzt erhalten hat. Ob Klima- oder Ökologiepreis, Businessplan-, Jungunternehmer- oder Marketingpreis – die Swiss Shrimp AG hat sie alle gewonnen. Transparenz und Nachvollziehbarkeit gehören zum Geschäftsmodell der Swiss Shrimp AG. «Unsere Kunden sollen wissen, worauf sie sich beim Produkt und bei der Firma dahinter einlassen.» Die Offenheit lebt das junge Unternehmen auch gegenüber Tierschutzorganisationen. So suchten die Jungunternehmer den Dialog mit Kritikern wie der Organisation «Fair Fish», die sich in der Fischerei und Fischzucht für Tierschutz, fairen Handel und Naturschutz starkmacht. «Trotz der ­klaren Haltung für weniger Shrimpskonsum in der Schweiz pflegen wir einen positiven Austausch», so ­Waber.

Eine Herausforderung ist gemäss Waber, den hohen Preis der ­Shrimps – bis 100 Franken pro Kilogramm (30 bis 40 ganze Tiere) – zu rechtfertigen und bekannt zu werden. Für die Zukunft haben Waber und seine Partner noch viel vor. ­«Zuerst müssen wir jetzt alles in Betrieb nehmen und eine gewisse Stabilität erlangen. Doch wir haben fest geplant, noch auszubauen und zu vergrössern. Dies hängt allerdings vom Markt ab», so Waber. Corinne Remund

www.swissshrimp.ch

NACHHALTIGKEIT und Energieeffizienz

CO2-Emissionen halbiert

Die Swiss Shrimp AG ist auch bezüglich Nachhaltigkeit und Energie­effizienz vorbildlich. So bezieht sie die Restwärme aus dem Produktionsprozess der Salinen AG, für die es bisher keine Abnehmer gab, und Salz aus dem einstigen Jurameer. Das frische Wasser stammt von Rheinfelden und der Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Doch nicht nur die Anlage mit Wärmerückgewinnung ist umweltschonend, sondern auch beim Bezug des Futters spielt die Umweltbelastung eine Rolle. «Das Meer wird für Shrimpfutter leer gefischt. Wir wollten daher kein solches Futter, auch keines, das per Flugfracht zu uns gelangt und so die Umwelt ausserordentlich stark belastet. Wir haben uns aus diesen Gründen für ein Futter aus Frankreich entschieden», erklärt CEO Rafael Waber. Die Swiss Shrimps aus dem Fricktal belasten die Umwelt nachweislich tiefer. «Mit unseren im Fricktal produzierten Shrimps können wir im Vergleich zum jährlichen Import den CO2-Ausstoss ­halbieren», sagt Waber.

CR

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