Publiziert am: 19.10.2018

«Unser Tourismus hat sehr gelitten»

WALLISER GEWERBEVERBAND – Seit elf Jahrzehnten verteidigt der WGV die Anliegen seiner KMU. Die nächsten Herausforderungen in der sich rasch wandelnden Wirtschaftswelt stehen bereits vor der Tür.

Das letzte Jahrzehnt verging wie im Flug. Die Erinnerungen an die grossen Feierlichkeiten anlässlich des hundertsten Geburtstags des Walliser Gewerbeverbands 2008 sind noch ganz frisch. «Damals war Pascal Couchepin Bundesratspräsident, was unserer Veranstaltung einen hohen Stellenwert einräumte», sagt Marcel Delasoie, Generalsekretär des WGV.

Seitdem haben viele politische Schläge die Walliser Wirtschaft getroffen, insbesondere den Tourismussektor. Dies geschah auf konfrontative Weise – ohne dass sich die übrige Schweiz der grossen Herausforderungen bewusst war, die diese Region erlebte. Und diese Probleme wurden dem Kanton aus Sicht vieler Walliser von aussen auferlegt: das Raumplanungsgesetz (RPG), die Zweitwohnungsinitiative (Lex Weber), die lähmenden Auswirkungen der Euroschwäche auf den Franken usw.

«Das Jahr 2008 war ein Wendepunkt für den Walliser Gewerbe­verband. Wir wollten mehr Präsenz in der Walliser Medienlandschaft, unsere Vision der Wirtschaft hervorheben und gleichzeitig Unabhängigkeit erlangen», erklärt Marcel Delasoie.

Zur Erinnerung: Seit 2013 ist der WGV an der Rue de la Dent-Blanche 8 beheimatet. Es war das Ende einer langen Phase, während der der Verband nur eingemietet war – zunächst bei der Walliser Industrie- und Handelskammer, und von 2008 bis 2013 beim Walliser Arbeitgeberverband. Die Herauslösung war ein wichtiger Schritt in der Geschichte des Verbands.

Heute vertritt der Verband die Interessen von 5087 KMU im französischsprachigen Wallis und 1546 Unternehmen im Oberwallis, 38 Berufsverbänden und 7 lokalen und regionalen Sektionen in den Räumlichkeiten, in denen sich auch die Büste von Winston Churchill befindet. Mit einem Zitat des grossen britischen Politikers – befördert zum Verteidiger des walliserischen Handwerks – werden die Interessen gewahrt: «Der Unternehmer gilt als ein Mann, der geschlachtet oder gemolken werden soll. Nur wenige sehen in ihm das Pferd, das den Wagen zieht.»

Die grossen Schlachten

In erster Linie wird der Kampf gegen das Raumplanungsgesetz in die Geschichte eingehen: «Letztendlich lähmte die grüne Initiative, die jede wirtschaftliche Entwicklung brutal blockierte, die Alpenkantone», sagt Delasoie. «Mit dem Hubschrauberflug über das Wallis erkennen wir, inwieweit beispielsweise Verbier, aber auch andere Stationen Beispiele für Lebensraumkonzentration und Raumplanung sind», so Delasoie weiter.

Der Walliser Gewerbeverband hat sich als wichtiger Akteur etabliert, indem er zur Sammlung von mehr als 35 000 der 70 000 in der Schweiz eingeholten Unterschriften beigetragen hat. Im Wallis haben Politik und Wirtschaft den gleichen Weg eingeschlagen und damit eine Ablehnung des RPG von mehr als 80 Prozent auf kantonaler Ebene erreicht.

Ein weiterer Kampf, an den sich der Verband erinnern werde, sei die Einführung der Lex Koller. «Diese beiden Abstimmungen haben uns wirklich erschüttert. Seitdem muss ich sagen, dass wir weniger Bedenken haben, Finanz­ausgleichsgelder zu erhalten, da die Schweiz uns daran hindert, unsere Tourismuswirtschaft zu ­entwickeln – und das ist schliess­-lich die einzige Wirtschaftsform, die in unseren Seitentälern wirklich möglich ist.»

Die Schwäche des Euro gegenüber dem Franken hat sich auch auf die Tourismusbranche im Wallis negativ ausgewirkt. «Unser Tourismus hat so sehr gelitten wie jeder andere Exportsektor», sagt Delasoie. «Glücklicherweise hatte das Ende der massiven Interventionen der Schweizerischen Nationalbank nicht die von einigen befürchteten Auswirkungen. Unser Tourismus ist wieder in einer Aufwärtsspirale.»

Der Kampf um die Steuern

Zu den weiteren positiven Punkten in diesem Zeitraum gehört sicherlich der Kampf um die Verteidigung der Pauschalbesteuerungen, deren Zahlen im Wallis langfristig eine steigende Tendenz aufweisen. So wurden die Steuerzahler früher mit dem Fünffachen des Eigenmietwertes besteuert, heute ist er auf mehr als das Siebenfache angestiegen.

Im Hinblick auf die Attraktivität der Rahmenbedingungen profitiert der Kanton auch vom Wegfall der Erbschaftssteuer. Ein Kampf, in dem sich auch der WGV hervorheben konnte.

Nun folgt die Herausforderung des aktuellen Steuerprojekts (SV 17, STAF). «Wir müssen bereit sein, diesen Wechsel zu akzeptieren, auch wenn wir zusätzliche AHV-Beiträge leisten müssen», sagt der Generalsekretär. Dies sei einer der wichtigsten Mechanismen für unser Land und deshalb entscheidend für das wirtschaftliche Überleben und die bilateralen Abkommen, auch wenn dabei die Interessen der KMU auf den ersten Blick weniger offensichtlich erscheinen.

Tatsächlich wird das Steuerprojekt auch im Wallis Folgen haben, da die Unternehmensbesteuerung angepasst werden muss. Bisher wurden Unternehmen mit einem Gewinn von mehr als 150 000 Franken mit 21,56 Prozent besteuert. Dieser Betrag wird reduziert, um im Vergleich zu den anderen Kantonen wett­bewerbsfähigere Bedingungen zu schaffen. In der Zwischenzeit wird die Besteuerung von Produktionsanlagen – eine protektionistische Walliser Spezialität, die zu einer Zeit eingeführt wurde, als viele ausserkantonale Investoren im Wallis investierten – abgeschafft.

Das Loch in der Pensionskasse

Ein weiteres Thema, über das die Walliser in der kommenden Zeit diskutieren werden, ist die Pensionskasse für Walliser Staatsangestellte (PKWAL). «Aufgrund politischer Fehler in den 1980er-Jahren, unbewusster Zusagen des damaligen Staatsrats, wie zum Beispiel der vorzeitigen Pensionierung der Mitarbeiter (3 Jahre früher), hat die PKWAL in den letzten Jahren ein grosses Loch in die Kasse gegraben», erinnert sich Delasoie. Die vor rund zehn Jahren von der SNB bezahlte eine Milliarde Franken wurde vom Fonds verschluckt und konnte bei weitem nicht gedeckt werden: Nach Zahlung dieses Betrags beträgt die verbleibende Überziehung 1,6 Milliarden Franken bei einem Deckungsgrad von rund 80 Prozent. Der Übergang zu einem leistungsorientierten Plan im Jahr 2012 war nicht ausreichend: Dieser Fonds müsse nach dem Prinzip der Opferparität bereinigt werden. «Und wenn dies nicht der Fall ist, sind wir bereit, ein Referendum einzuleiten», gibt sich Delasoie kämpferisch.

François Othenin-Girard

www.uvam-vs.ch/de

Kongress WGV

Der nächste Kongress des Wal­liser Gewerbeverbands findet am 25. Oktober 2018 ab 16.30 Uhr im Grünwaldsaal Brig statt. Anschliessend gibt es eine Debatte zur Unternehmensbesteuerung, gefolgt von einem Bankett (ab 19 Uhr).

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