Publiziert am: 21.02.2014

«Viele sinnvolle Kooperationen würden schlicht verboten»

ARGUMENTE GEGEN DIE SCHÄDLICHE REVISION DES KARTELLRECHTS

Als grösster Dachverband der Schweizer Wirtschaft lehnt der Schweizerische Gewerbeverband sgv die vorliegende Revision des Kartellgesetzes ab (s. Haupttext). Exponenten seiner Mitliedorganisationen wie auch Vertreter der Wissenschaft stützen die Argumentation des sgv. Im Folgenden erklären sie, weshalb sie sich gegen das sogenannte Teilkartellverbot wehren, was sie ganz konkret befürchten, wenn das Verbot durchkommen sollte, und welches ihre Wünsche für die Kartellgesetz-Revision sind.

Nur noch wenige Grosse

Florian Wanner, Schweizerischer Verband des Dentalhandels: «Der Dentalhandel ist einer sehr starken Konkurrenz, insbesondere aus dem Ausland, ausgesetzt. Billiganbieter, die eine gute Qualität vermissen lassen, schaden der ganzen Branche und bringen schliesslich auch den Kunden Mehrkosten. Deshalb sind für die Dentalhändler Vertriebsverträge mit den Herstellern wichtig, da gerade auch im Bereich des Service und der Reparaturen eine enge Zusammenarbeit notwendig ist. Wenn das Verbot kommen sollte, werden Grossunternehmen, die Herstellung und Handel unter einem Dach ver­einen ­können, einen enormen Wett­bewerbsvorteil haben und können die bestehenden Marktstrukturen nachhaltig verändern. Der Wettbewerb findet so nicht mehr unter vielen Kleinen, sondern nur noch unter wenigen Grossen statt. Preisdiktate vom Mutterhaus an die Händler sind in dem Fall ganz einfach umzusetzen – was den eigentlichen Zweck der Kartellgesetz-Revision ad absurdum führt. Die Revision ist unsinnig und geht in die falsche Richtung. Sie sollte darum gar nicht weitergeführt, sondern gestoppt und ad acta gelegt werden.»

Umkehr der Beweislast

Claude Benoit, ASMAS Verband Schweizer Sportfachhandel: «Es werden alle Formen der Unternehmenskooperationen erfasst bzw. verboten, also auch Formen der Zusammenarbeit, die keine volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen zeitigen. Vertikale und horizontale Kooperationen sind für KMU aber von existenzieller Bedeutung. Dafür jederzeit eine ‹Genehmigung› einzuholen, würde die KMU-Wirtschaft im Wettbewerb mit grösseren, vertikal integrierten Mitbewerbern erheblich benachteiligen.

Die Beweislastumkehr stellt die Wirtschaft unter Generalverdacht, kartellistisch zu agieren, und überträgt der Wirtschaft die Beweisführungspflicht zur Widerlegung des Generalverdachts. Das widerspricht den verfassungsrechtlichen Grundlagen des Kartellgesetzes. Der Tatbestand, einem Generalverdacht der Verletzung von Wettbewerbsrecht unterstellt zu sein, ist wirtschaftsfeindlich und für den KMU-Unternehmer demotivierend. Das Verbot sägt an den Wurzeln der schweizerischen KMU-Wirtschaft.

Der administrative bzw. finanzielle Aufwand aus der Beweislastumkehr überfordert KMU auch finanziell (Beizug von Kartellrechtsexperten, Anwälten…). Für den Fortbestand einer gesunden KMU-Wirtschaft notwendige Kooperationen werden möglicherweise aus Angst vor Kartellinterventionen nicht mehr eingegangen.

Bei sachlicher Abwägung spricht wenig, eigentlich nichts für die Einführung eines Teilkartellverbots, aber viel dagegen. Ich wünsche mir, dass der Nationalrat seiner WAK folgt bzw. die Revision ablehnt und damit das geltende Recht beibehalten werden kann.»

Strenger als das EU-Regime

Marc Amstutz, Professor für Wirtschaftsrecht, Uni Freiburg: «In allen modernen Kartellgesetzen hat sich heute das Prinzip durchgesetzt, dass nicht die Form, sondern die wirtschaftliche Wirkung einer Wettbewerbsabrede massgeblich ist, um ihre Schädlichkeit festzustellen. Mit dem Teilkartellverbot soll nun aber bei gewissen Preis-, Mengen- und Gebietsabreden auf die Untersuchung ihrer Wirkungen auf den Markt verzichtet werden. Wie absurd eine solche Regelung ist, zeigt das Ergebnis, zu welchem sie führt: Die erwähnten Arten von Abreden wären grundsätzlich unzulässig, auch wenn sie nachweislich keine Auswirkung auf den Wettbewerb haben. Das Teilkartellverbot ist auf sehr breit umschriebene Kategorien von Preis-, Mengen- und Gebietsabreden anwendbar. Von diesen Kategorien werden auch effiziente Kooperationen wie z.B. Einkaufskooperationen, Mitversicherungs-Gemeinschaften und Rückversicherungspools, Kooperationen in Produktion und Vertrieb sowie Spezialisierungsvereinbarungen erfasst, denn solche Abreden enthalten inhärent auch Vereinbarungen über Preise, Preiselemente oder Produktionsmengen. Sogar wettbewerbsintensivierende Abreden fallen unter das Teilkartellverbot. Zu denken ist etwa an Einkaufskooperationen von KMU, um Grössenvorteile zu erreichen. Das Fazit ist also: Sollte das Verbot kommen, besteht eine sehr reale Gefahr, dass es zur Unter­sagung von wirtschaftlich sinnvollen Vereinbarungen zwischen Unternehmen kommen wird. Das Teilkartellverbot muss um jeden Preis aus der Revisionvorlage gestrichen werden. Dies umso mehr, als dieses Verbot keineswegs eurokompatibel ist, sondern zu einem insbesondere für KMU strengeren Regime als in der EU führen wird.»

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