BĂĽcher, die bereits existieren, BĂĽcher, die
wieder ihre ursprĂĽngliche Form zurĂĽckerhalten, und BĂĽcher, die
gerade entstehen - all dies ist unter einem Dach in der
Buchbinderei Hollenstein im bernischen Grafenried zu finden. Fest
verwurzeltes Handwerk, verbunden mit viel Liebe zum Buch, prägt die
Unternehmensphilosophie. Inhaber Linus Hollenstein sowie sein Sohn
Jonas sind beide mit Leib und Seele eidg. dipl. Buchbindermeister:
«Wir sind stolz auf unsere Arbeit und freuen uns täglich an den
interessanten Herausforderungen.» Unter dem Motto «Klein, aber
fein» wird BuchbindeÂarbeit von höchster Qualität geboten:
«Qualität und Service müssen stimmen. Dazu gehört auch, dass
Bücher, wenn es pressiert, innert Tagen gebunden werden», so Linus
Hollenstein.
Der Vater einer Grossfamilie betreibt seit
1982 seine eigene Buchbinderei, die nach einigen Jahren in
Zollikofen seit 1996 in Grafenried eingerichtet ist. Inzwischen ist
die Nachfolge bereits eingeleitet. «Unsere Firma ist eine AG, mein
ältester Sohn Jonas übernimmt bereits die Hälfte der Aktien»,
betont Linus Hollenstein. Vater und Sohn tickten gleich und es sei
fĂĽr beide eine Bereicherung, gemeinsam unter einem Dach zu
arbeiten. Die Freude am Beruf hat in der ganzen Familie abgefärbt.
Noch vier weitere Kinder haben einen Beruf in der grafischen
Branche ergriffen.
«Wir müssen oft schönste Liebhaberbände im alten
Stil herstellen.»
Tradition und Innovation
In der Buchbinderein Hollenstein wird das
Buch in alter und neuer Form zelebriert. Mit alten und modernsten
Hilfsmaschinen gelingt dem Familienbetrieb der Spannungsbogen
zwischen Tradition und Innovation. Zum Erfolgsrezept gehört dabei
auch, dass der ĂĽberwiegende handwerkliche Arbeitsprozess
rationeller gestaltet ist. Das KMU hat sich beispielsweise mit
einer teuren computergestützten Prägepresse den technischen
Entwicklungen angepasst. Mit ihr wird der RĂĽckentitel direkt ab
Typenrand auf den Buchrücken in Farbe oder Gold geprägt. Für den
Innovationsgeist des kleinen Unternehmens spricht auch die
Erfindung des «Scanbook». «Dabei haben wir die handwerkliche
Fächerklebebindung weiterentwickelt, so dass sich der
Buchblockrücken ohne Schädigung der Klebebindung flach öffnen
lässt», erklärt der ideenreiche und erfinderische Unternehmer.
In der Handbuchbinderei werden vor allem
Jahrgänge von Fachzeitschrif-ten gebunden und vielfältige
Reparaturen an Büchern ausgeführt. In den Arbeitsabläufen Binden,
Deckelmachen bis hin zur Titelprägung steckt viel Handarbeit.
FingerspitzengefĂĽhl, Geduld und eine kreative Ader sind
dementsprechend die wichtigsten Voraussetzungen, um ein
fachgerechtes Produkt zu produzieren. «Zu unseren Kunden gehören
vor allem Bibliotheken der Universität Bern, aber auch
Rechtsabteilungen von Bundesämtern und Verwaltungen. Im Weiteren
binden wir für Gemeindeverwaltungen und Grundbuchämter», so
Hollenstein. «Private Kunden bedienen wir mit einfachsten
Buchbindearbeiten bis hin zu Spezialanfertigungen wie
Diplomarbeiten, Hochzeitsalben, Beiträge von Gästen, gebunden als
Buch zum Fest, sowie Schachteln, Mappen und Goldprägungen.» Firmen
wünschen vermehrt für ein Jubiläum oder den Abschied eines
Mitarbeiters gestalterische Beiträge der Mitarbeiter in einem
repräsentativen Buch gebunden.
Besondere Rosinen im BuchbinderÂalltag sind
fĂĽr Linus und Jonas ÂHollenstein Liebhaberarbeiten. Hier können sie
ihrem Handwerk frönen: «Für Bücherliebhaber, die in eine bestimmte
Richtung alles sammeln, was sie antiquarisch bekommen können,
müssen wir oft schönste Leder- und Pergamentbände im alten Stil
herstellen und Einbände auffrischen.» Ein aktueller Auftrag sei
beispielsweise ein Faksimile einer Eidesmappe fĂĽrs Bundeshaus.
«Die Liebe zum Buch bleibt.»
Die Digitalisierung, die das AusrĂĽsten und
Binden immer mehr wegrationalisiert, spĂĽrt die Buchbinderei
Hollenstein bedingt. So habe bei den Aufträgen eine Verschiebung
stattgefunden, «die entstandenen Lücken konnten wir bis jetzt immer
wieder füllen», freut sich Hollenstein Senior. Die Veränderungen
hin zum Onlinelesen betreffen vor allem wissenschaftliche und
medizinische Zeitschriften. «Auch Juristen arbeiten vermehrt am
Bildschrim. Es bleibt aber die Liebe zum Buch. Gerade bei Juristen
stärkt ein Büchergestell mit Gesetzessammlungen den Berufsstolz»,
betont der Patron.
Corinne
Remund
LINK
www.bu-bi.ch
DAS KURZE INTERVIEW
«Die Bedürfnisse der
Kunden spüren»
Schweizerische Gewerbezeitung: Die
Buchbinderei Hollenstein pflegt noch das alte Handwerk des
Buchbindens. Was ist das Erfolgsrezept Ihrer Firma?
Linus Hollenstein: Ein Markenzeichen
unseres Familienbetriebes sind unsere Dienstleistungen, die ĂĽber
den üblichen Service wie Qualität oder das Einhalten von
Lieferfristen und Termine hinausgehen. Wir stecken viel Herzblut in
unsere Arbeit wie auch in unsere Kundenbeziehungen. Dazu gehört
auch, dass wir die BedĂĽrfnisse unserer Kunden spĂĽren und mit
unserer kreativen Erfahrung und unseren Ideen bei ihnen eine
positive Überraschung auslösen.
Was sind die
grössten Herausforderungen bei der Führung dieses KMU?
GegenĂĽber
unseren Mitbewerbern zu bestehen und eine gute Qualität zu einem
vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis bieten zu können.
Was macht einen
guten Geschäftsmann aus?
Man sollte sich
mit seinem Beruf identifizieren können, mit dem Herzen dabei sein
und eine gewisse Begabung und Empathie fĂĽr den Job haben.
Was liegt Ihnen in
diesem Betrieb am meisten am Herzen?
Dass alles so
weiterläuft wie bisher und unser Auftragsbestand erhalten bleibt.
Zudem möchten wir vermarktÂbare Ideen erfolgreich umsetzen.
Interview: Corinne Remund